Von pinken Stacheln und Frauennationalmannschaften

Politik
Lena Haiden / 05.09.2017
Julia Wendy / 05.09.2017
Julia, Lunacek, Lena und Lea

ACHTUNG: Der folgende Beitrag kann Spuren von Sarkasmus, Übertreibungen oder gar halbe Wahrheiten enthalten. Kinder haften für ihre Eltern. Für mögliche Nebenwirkungen sind wir nicht verantwortlich.

 

4.9.2017. Die Youth Reporter machten ihre ersten Erfahrungen in den kalten Gewässern des „richtigen Journalismus“. So kam es, dass fünf Youth Reporterinnen die Möglichkeit hatten, Matthias Strolz von den NEOs und Ulrike Lunacek von den Grünen höchstpersönlich zu interviewen.

Um halb zehn wanderten wir also ziemlich planlos über den Minoritenplatz, auf der Suche nach dem Bildungsministerium, welches wir auf wundersame Weise beinahe auf Anhieb fanden. Was jetzt? Wir waren a) viel zu früh dran und b) hatten wir keinen Plan wen wir jetzt wo und wie anreden sollten.

 

(c) Julia Wendy

 

Erstes Opfer unserer Ratlosigkeit war der Portier, welcher nicht gewillt war vier aufgescheuchte Jugendliche vor seinem Glashäuschen zu einhundert Prozent ernst zu nehmen. Er konnte uns auch nach drei Telefonaten nicht wirklich weiterhelfen. Eine Passantin wies uns darauf hin, dass wir wenn wir den Spitzenkandidaten der NEOS interviewen wollten, wohl die Menschen mit den riesigen NEOS-Schilder und den unübersehbaren pinken Luftballons vor dem Gebäude fragen sollten. In Panik riefen wir unsere Jounalistenmama und die gute Seele in Person, Ursula, an, verzweifelt was wir jetzt tun sollten. Sie gab uns den guten Tipp dranzubleiben und nervig zu sein.

Die freundlichen pinken Menschen kannten sogar unsere Kontaktperson, die angeblich um viertel vor zehn auftauchen sollte. Unser höflicher Hinweis: „Viertel vor zehn war schon.“ Die Wartezeit überbrückten wir sehr nervös mit äußerst produktiven Tätigkeiten, wie uns gegenseitig noch nervöser zu machen und die Kameraeinstellung gefühlte hundert Mal zu testen. Dabei ernannten wir uns gegenseitig zu Probe-Strolzes, und eine wichtige Frage stand im Raum: „Ist Strolz genauso groß wie ich? Oder größer? Oder kleiner?“

Strolz tauchte schlussendlich samt unserer Ansprechperson auf und die Pressekonferenz zum Schulanfang begann. Wir hörten auf, wie aufgescheucht in der Gegend herumzulaufen, und begannen wie normale, vernünftige, vielleicht sogar ein bisschen professionelle Jounalistinnen zu agieren. Matthias Strolz und Beate Meinl Reisinger begannen motiviert über Bildung und Förderungen zu sprechen, während ein LKW ungeachtet und überhaupt nicht laut Zentimeter-knapp an der JournalistInnengruppe vorbeifuhr.

Schließlich bedankten sich die beiden für die Aufmerksamkeit und die Zeit der Interviews war gekommen. Wir ließen dem ORF großzügig den Vortritt und warteten geduldig bis wir dran waren. Der „Matthias“, wie er sich vorstellte, begrüßte uns herzlich.  Wir durften vor einem wuselnden Hintergrund, der aus pink luftballonisierten Leuten bestand, unsere Kamera aufbauen und unsere Fragen stellen. Am Ende des Interviews stellte Strolz noch fest, dass es Zeit sei der Rot-Schwarzen Regierung “einen Stachel in den Orsch zu fahren”. Und dieser Stachel, der sei pink. Etwas erleichtert machten wir uns nach einer freundlichen Verabschiedung auf den Heimweg.

 

Aber für manche war das „Abenteuer Interview“ noch nicht beendet, und so rückten wir, in neuer Dreierkonstellation, abends erneut aus. Unser Ziel: Der Wahlkampfauftakt der Grünen. Am Weg dorthin behauptete Google Maps, wir würden zu spät kommen, aber wir waren nicht dieser Meinung: “Acht Minuten, das geht sich locker aus,  wir werden schon pünktlich sein“. Google Maps hatte Recht. Wir waren unpünktlich. Aber Pünktlichkeit ist relativ. Zu unserem Glück war der Wahlkampfauftakt selbst noch nicht einmal annähernd zu Ende und im Ballhaus wartete die Beruhigung in Person: Ursula, die darauf achtete, dass das Ganze nicht so nervös und aufgescheucht ausartete wie am Vormittag.

 

(c) Julia Wendy

 

Im Saal wurde uns die Sicht auf unsere Interviewpartnerin, Ulrike Lunacek, verstellt, einerseits durch Menschen, andererseits durch Kameras, viele Kameras, geradezu einer Mauer aus Kameras. Wir hörten nur, dass die Spitzenkandidatin vorne auf der Bühne gerade die Standpunkte der Grünen zusammenfasste und die Partei dabei mit der Frauennationalmannschaft verglich. Beide besäßen, laut den Grünen, eine Außenseiterposition, könnten aber vieles bewirken.

Schließlich ging ein letzter tobender Applaus durch die Menge und die Kameras setzten sich Richtung Bühne in Bewegung, denn die Stunde der Interviews hatte geschlagen. Wir reihten uns brav im Gewusel ein und versuchten zu Ulrike Lunacek vorzudringen, was sich als nicht ganz einfach herausstellte. Wir sahen sie, sie sah uns nicht, aber einer ihrer Wahlkampfhelfer, welcher uns ihre Aufmerksamkeit verschaffte. Allzu lang währte diese aber nicht, da sie weiterging. Immer und immer weiter von uns weg. Hinterher, das war der Plan. Wir fühlten uns wie drei kleine Stalkerinnen.

 

(c) Julia Wendy

 

Schließlich kamen wir zu unserem Interview, und wir waren mit weiteren Problemen konfrontiert: Es gab eine Live-Übertragung, wegen der wir vertrieben wurden. Es gab viele Menschen, die irgendwie alle im Weg herumstanden. Und dann gab es auch noch Musik, wegen der es sich als schwierig gestaltete, ein Interview zu führen, dass man auch verstand. Nichts desto trotz bewältigen wir alle Schwierigkeiten und fanden einen nicht allzu lauten Hintergrund. Lunacek begrüßte uns freundlich und ein nettes Interview begann. Allerdings verzweifelten unsere Mikros dennoch, aber es wäre unhöflich gewesen, Lunacek anzuschreien und umgekehrt.  Am Ende des Interviews machten wir noch ein Selfie. Ein Foto davon fanden wir überraschenderweise am nächsten Morgen auf den Social-Media Accounts der Grünen. Wir labten uns am Gratisbuffet und lernten, dass man sich dafür lange anstellen muss. Beim Anschauen unseres Live-Videos erwartete uns dann der nächste Schreck: Der ohnehin schon spärliche Ton hatte es aus mysteriösen Gründen nicht auf Facebook geschafft. Unsere Verschwörungstheorie: Facebook hasst uns.

Schlussendlich machten wir uns müde und erschöpft auf den Heimweg, um genau eben diesen Artikel zu verfassen und den Versuch einer Tonrettung durchzuführen. Ein Conclusio des ganzen Tages: Journalismus macht wirklich Spaß. Aber ist auch verdammt anstrengend. Gute Nacht.

 

Die Interviews werden in Kürze auch auf Youtube und hier am Jugendportal zu finden sein. Wir halten euch auf dem Laufenden.

 

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