Kenn' dein Recht: Jugendstrafrecht

Jugendrecht: Jugendstrafrecht

Kenn' dein Recht: Jugendstrafrecht

Hier kannst du dich informieren, wie der Strafprozess abläuft und was eigentlich passiert, wenn es zu einer Vorstrafe kommt. Wer kann diese Vorstrafe sehen? Und was geschieht, wenn du Opfer einer Straftat wirst? Eines ist sicher: Jugendliche haben besondere Rechte.

Allgemeines

Gesetze regeln das Zusammenleben

Alle Menschen, die sich in Österreich befinden, müssen sich an österreichische Gesetze halten. Die Gesetze des Staates stehen über religiösen oder kulturellen Regeln. Gesetze geben dir Rechte und Pflichten. Wenn du deine Rechte und Pflichten kennst, kannst du deine Rechte einfordern und deine Pflichten wahrnehmen.

Es gibt Gesetze, die Kinder und Jugendliche besonders schützen, wie zum Beispiel die Jugendschutzgesetze oder das Kinder- und Jugendlichen-Beschäftigungsgesetz. In anderen Gesetzen gibt es eigene Bestimmungen für Jugendliche, wie zum Beispiel im Strafgesetz. Die meisten Gesetze gelten für alle gleich – egal ob Jugendliche oder Erwachsene.

Und ganz wichtig: Sie gelten auch online!

Was bedeutet Volljährigkeit?

Endlich 18! Ab jetzt ändert sich einiges in deinem Leben: Du darfst mehr und trägst dafür auch die Verantwortung. Ab der Volljährigkeit gelten in vielen Bereichen neue Gesetze für dich.

Das ändert sich:

  • Arbeitszeiten
    Es gelten nun die Bestimmungen nach dem Arbeits- und Sozialrecht für Erwachsene statt dem Kinder- und Jugendbeschäftigungsgesetz (KJBG).
  • Deliktsfähigkeit (Schuldfähigkeit)
    Wenn du eine Straftat begehst, gilt nun das Erwachsenenstrafrecht anstatt dem Jugendstrafrecht.
  • Ehemündigkeit
    Du darfst ab jetzt auch ohne Zustimmung der Eltern heiraten.
  • Geschäftsfähigkeit
    Du bist voll geschäftsfähig und darfst nun alle Geschäfte und Vertragsabschlüsse ohne Zustimmung der Erziehungsberechtigten durchführen.
  • Obsorge
    Die Obsorge, oder auch Sorgepflicht genannt, der Erziehungsberechtigten erlischt.
  • Unterhaltsanspruch gegenüber den Eltern
    Deine Eltern müssen so lange Unterhalt für dich zahlen, bis du selbsterhaltungsfähig bist. Das bist du, wenn du ein monatliches Einkommen von mindestens  € 1.000,48 pro Monat (Stand: April 2021) hast.
  • Wehrpflicht
    Als männlicher österreichischer Staatsbürger musst du in dem Jahr, in dem du 18 Jahre alt wirst, zur Stellung. Dort wird deine Tauglichkeit festgestellt.
  • Wohnen
    Du darfst ohne Einwilligung der Eltern von zu Hause ausziehen und dort wohnen, wo du gerne möchtest.

 

 

 

 

Weiterführende Links

Was ist das Grundrecht?

Grundrechte sind jene Rechte, die Einzelpersonen vor Eingriffen des Staates schützen. Es handelt sich dabei um Rechte, die grundsätzlich jeder Einzelperson gegenüber dem Staat durch Rechtsvorschriften in der Verfassung eingeräumt sind. Manche Grundrechte gelten für alle Menschen (Menschenrechte), andere für Bürger:innen der Europäischen Union.

Die Durchsetzung von verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten erfolgt vor dem Verfassungsgerichtshof.

Bei folgenden Rechten handelt es sich beispielweise um Grundrechte:

  • Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger:innen/aller Staatsbürger
  • Recht auf Leben
  • Recht, keiner unmenschlichen oder erniedrigenden Strafe oder Behandlung (Folter) unterworfen zu werden
  • Recht auf persönliche Freiheit
  • Verbot der Sklaverei und Leibeigenschaft, der Zwangs- und Pflichtarbeit
  • Recht auf Freizügigkeit der Person und des Vermögens
  • Recht auf Unverletzlichkeit des Eigentums
  • Recht auf Meinungsäußerungsfreiheit
  • Recht auf Datenschutz
  • Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens
  • Recht der Eheschließung und auf Familiengründung
  • Recht auf Vereins- und auf Versammlungsfreiheit
  • Recht auf Glaubens- und Gewissensfreiheit einschließlich der Freiheit der Religionsausübung
  • Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter
  • Recht auf eine gerichtliche Entscheidung in Zivil- und Strafsachen und auf ein faires Verfahren sowie auf einen rechtsstaatlichen Mindeststandard im Strafprozess

Begriffserklärungen

Es gibt einige Begriffe, die wichtig sind, wenn es um Jugendliche und Recht geht

Minderjährig und Volljährig

Bis zum 18. Geburtstag bist du minderjährig. Nach dem 18. Geburtstag bist du volljährig.

Mündige Minderjährige

Ab dem 14. Geburtstag bist du ein/e mündige/r Minderjährige/r. Du bekommst mehr Rechte und hast mehr Pflichten. Du bist z.B. deliktsfähig. Das heißt, dass du für strafbare Handlungen verantwortlich gemacht werden kannst.

Erziehungsberechtigte

Das sind Personen, die dich bis zur Volljährigkeit vertreten. Sie handeln in deinem Sinn, entscheiden für dich und vertreten deine Rechte. Das nennt sich Obsorge. Erziehungsberechtigt sind in der Regel die Eltern oder ein Elternteil. Es kann Situationen geben, in denen eine andere Person (z.B. Großmutter) oder die Kinder- & Jugendhilfe erziehungsberechtigt ist.

Ab welchem Alter mache ich mich strafbar?

Das Strafrecht schützt besonders wertvolle Rechtsgüter, wie beispielsweise das Leben, die körperliche Unversehrtheit und das Vermögen. Die Strafbarkeit von Straftaten, die diese besonderen Rechtsgüter gefährden und die dazugehörende Höhe der Strafe werden durch Gesetze geregelt.

Eine Handlung – also ein Tun oder Unterlassen – ist dann strafbar, wenn sie tatbestandsmäßig, rechtswidrig und schuldhaft ist. Der Tatbestand ist die gesetzliche Umschreibung der verbotenen Tat. Hier spielt es auch eine Rolle, ob der/die TäterIn fahrlässig oder vorsätzlich handelt.

Kinder, die bei der Tatausführung noch nicht 14 Jahre alt waren, sind grundsätzlich schuldunfähig.

Ein Entschuldigungsgrund, der die Schuld an der rechtswidrigen Tat entfallen lässt, kann beispielsweise sein, dass eine Person, um ihr eigenes Leben zu retten, einer anderen Person eine lebensrettende Maßnahme verwehrt. Die strafbaren Handlungen und die jeweiligen Strafen müssen vor der Begehung der Tat gesetzlich festgelegt sein. Sind sie das nicht, ist die begangene Tat auch nicht strafbar. Jede/e BürgerIn hat die Möglichkeit, sich über die festgelegten Straftatbestände zu informieren.

Besondere Regelungen gelten für Jugendliche zwischen 14 und 18 Jahren.

Diese sind nicht strafbar, wenn

  • sie noch nicht reif genug sind, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln oder

  • sie vor ihrem 16. Geburtstag ein Vergehen begehen, sie kein schweres Verschulden trifft und nicht aus besonderen Gründen die Anwendung des Jugendstrafrechts geboten ist, um die Jugendlichen von strafbaren Handlungen abzuhalten.

Ich habe eine Straftat begangen und wurde erwischt. Was passiert jetzt?

Ein Strafverfahren beginnt für dich mit der Einvernahme bei der Polizei. Bei einer Einvernahme werden dir verschiedene Fragen gestellt. Meist kommt der Termin für die Einvernahme mit der Post. Zu diesem Termin musst du hingehen. Sonst kann dich die Polizei abholen und zur Einvernahme bringen.

Illustration: Stephanie Sutanto, www.mundoku.com

Welche Rechte habe ich bei einer Einvernahme?

Deine Rechte bei der Einvernahme:

  • Eine erwachsene Vertrauensperson oder eine Rechtsanwältin oder ein Rechtsanwalt müssen dabei sein.
  • Du hast das Recht auf respektvolle Behandlung.
  • Du musst zu Beginn der Einvernahme über deine Rechte belehrt werden. Wenn du etwas nicht verstehst, kannst du nachfragen.
  • Du musst informiert werden, worum sich deine Einvernahme handelt.
  • Du musst erfahren, ob du als Beschuldigte/r der als Zeuge/Zeugin geladen worden bist.

Je nachdem ob du Zeuge/Zeugin bist oder beschuldigt wirst, hast du unterschiedliche

Rechte im Strafverfahren

  • Als Beschuldigte/r musst du nicht aussagen. Du kannst die Aussage verweigern. Außerdem hast du das Recht auf einen Anwalt oder eine Anwältin.
  • Als Zeuge/Zeugin musst du eine Aussage machen und darfst nicht lügen. Wenn sich deine Aussage um dich selbst dreht oder Familienangehörige einer Straftat beschuldigt sind, kannst du deine Aussage verweigern.

Am Ende deiner Aussage wird ein Vernehmungsprotokoll gemacht. Lies dir das Protokoll genau durch. Stimmen Inhalte mit deiner Aussage nicht überein, bestehe auf eine Korrektur.

Du kannst das Protokoll unterschreiben, musst aber nicht. 

Wie geht es weiter nach einer Einvernahme?

Die Polizei leitet alle Unterlagen an die Staatsanwaltschaft weiter. Die Staatsanwaltschaft entscheidet, wie es mit dem Strafverfahren weitergeht. Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten.

  • Das Verfahren wird eingestellt.
  • Es kommt zu einer Diversion. Bei einer Diversion gibt es statt eines Strafverfahrens andere Maßnahmen (z.B. Sozialstunden, Geldbetrag).
  • Es kommt zu einer Gerichtsverhandlung. Bei einer Gerichtsverhandlung brauchst du einen Anwalt oder eine Anwältin. Wer sich das nicht leisten kann, kann beim zuständigen Gericht Verfahrenshilfe beantragen und bekommt kostenlos eine/n zugeteilt.

Was ist eine Vorstrafe?

Eine Anzeige ist die Meldung eines Sachverhalts bei der Polizei oder einer Behörde. Grob gesagt kann man sagen, dass es zwei unterschiedliche Arten von Anzeigen gibt.

Wenn jemand ein Gesetz gebrochen hat, welches gerichtlich strafbar ist (also z.B. bei Diebstahl, Sachbeschädigung oder Körperverletzung), dann handelt es sich um eine Strafanzeige. Verfahren und Strafausmaß können sehr unterschiedlich ausfallen und reichen von einer Abmahnung oder einer Geldstrafe bis hin zu Freiheitsentzug in einem Gefängnis. Jede rechtskräftige Verurteilung durch österreichische Strafgerichte und bestimmte rechtskräftige Verurteilungen ausländischer Strafgerichte werden im Strafregister angeführt. Man spricht dann von einer Vorstrafe.

Bei Verwaltungsübertretungen, also wenn du z.B. nach 22 Uhr sehr laut Musik hörst und die Nachbarn damit störst oder am Abend ohne Lichtanlage Fahrrad fährst, bekommst du in den meisten Fällen eine Geldstrafe.

Ich habe eine Vorstrafe. Hat mein/e ArbeitgeberIn eine Möglichkeit, das zu sehen?

Nein, dein/e ArbeitgeberIn kann nicht im Strafregister nachsehen, ob eine/r seiner/ihrer MitarbeiterInnen vorbestraft ist oder nicht.

Für einige Jobs ist es aber deine Pflicht, eine aktuelle Strafregisterbescheinigung vorzulegen. Nur du selbst kannst so eine Strafregisterbescheinigung anfordern und bekommen.

Strafregisterauszug

Im Strafregister sind alle strafrechtlichen Verurteilungen eingetragen. Eine Jugendstrafe bis zu einer Höhe von sechs Monaten scheint nur für das Gericht und die Polizei auf. Musst du also einen Strafregisterauszug vorlegen (z.B. bei einer Bewerbung), erfährt niemand von dieser Strafe.

Nach einer bestimmten Zeit werden Verurteilungen aus dem Strafregister wieder entfernt. Man spricht dabei von einer Tilgungsfrist, die je nach Schwere deiner Strafe nach unterschiedlichen Zeitrahmen gelöscht werden.

Weiterführende Links

Ich wurde Opfer einer Straftat. Was kann ich machen?

Werden Jugendliche Opfer einer Straftat, haben sie das gesetzliche Recht, besonders geschützt, betreut und unterstützt zu werden. Das nennt man Prozessbegleitung. Du bekommst z.B. Unterstützung, wenn du eine Anzeige machen möchtest oder du wirst im Gerichtsverfahren begleitet. Du kannst dich vertraulich an deine Jugendinfostelle wenden, wenn du Fragen dazu hast.

Aber im Internet gelten andere Regeln, oder?

Nein, es gelten überall in Österreich dieselben Regeln und Gesetze, auch im Internet. Es macht keinen Unterschied, ob eine Straftat im Internet oder im „wirklichen Leben“ verübt wird. Die Strafen und das Verfahren bleiben die gleichen.

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Jugendportal.at wurde zuletzt am 17.04.2024 bearbeitet.

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