3 Tage im Quiberon: Romy unzensiert

Kultur & Events
Clara Tomschi / 26.03.2019
Marie Bäumer

» Ich bin eine unglückliche Frau von 42 Jahren und heiße Romy Schneider! «

Die Kamera schwenkt langsam von hinten auf einen Pferdeschwanz. Die Frau im Trenchcoat blickt auf die bretonische Küste. Und dann sehen wir ihr Gesicht. Es ist nicht das von Romy Schneider, die eine Marlboro in der Hand hält, sondern das von Marie Bäumer, aber das vergessen wir schon in dem Augenblick, in dem sie an ihrer Zigarette zieht. Nicht, weil Marie Bäumer ein ähnliches Aussehen mit Romy nachgesagt wird, sondern weil sie es schafft den Mythos einer fabelhaften Schauspielerin zu durchbrechen, um zu einer zerbrechlichen Frau zu kommen und trotzdem ganz bei sich zu bleiben. 

» Es war tatsächlich sehr schwer für Marie. Man kann sagen Sissi war das Trauma von Romy und Romy war das Trauma von Marie. Weil sie seit sie 16 ist nonstop aufgrund ihres Aussehens mit dieser Frau verglichen wird. Noch schlimmer für Marie ist es, dass sie auch noch den gleichen Beruf hat. [...] Und ich glaube auch einfach, dass sie diesen Film gemacht hat, um das zu durchbrechen. Aber es war sehr schwer, weil sie so eine Angst hatte nicht durch den Mythos zu drängen, um zu der Frau zu kommen. « - Emily Atef

Als Romy 1981 einwilligt, dem Stern ihr vermutlich letztes Interview zu geben, ist sie 42 Jahre alt und somit sechs Jahre jünger als Bäumer, die viel frischer und jünger als Schneider zu sein scheint, zu Drehzeiten ist. Und so banal die Erkenntnis ist, dass Marie Bäumer nicht Romy Schneider ist, so bewegend ist das Gefühl, wie Bäumer die wienerische Sprache und die Art, wie Romy raucht, adaptiert. 

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(c) Peter Hartwig Rohfilm Factory Dor Film

» Sie ist nicht Romy.  Sie wird nie Romy sein. Wir versuchen einfach die Geschichte dieser Frau in dieser Krise zu erzählen, die da versucht auszubrechen und sie heißt Romy Schneider, ja, aber wir vergessen das. «  -Emily Atef

Und dann ist da wieder Romy. Die charismatische Romy aber auch eine Romy voller Verzweiflung, die sich in das Luxushotel in Quiberon zur Entwöhnung von Tabletten, Wein und Champagner zurückgezogen hat. Unten in der Hotelbar warten der Stern- Journalist Jürgs (Robert Gwisdek), der in dem versprochenen Interview eine große Karrierechance sieht, und Schneiders Lieblingsfotograf und guter Freund Lebeck (Charlie Hübner). Michael Jürgs sagt: „Was hältst du davon, wenn ich einen Artikel schreibe, der heißt „Warten auf Romy“, in dem geht es darum, dass Romy nie erscheint.“ Jürgs zeigt sich in zwei Interviewrunden als skrupelloser Antagonist, der Romy Schneider während der Letzten tagsüber zwei Flaschen Chablis bestellt und selbstentblößende Antworten entlockt.

» Ich habe ihn noch zu einem größeren Antagonisten gemacht, weil er für mich nicht nur Michael Jürgs ist. Er ist für mich das Symbol der deutschen Presse- damals und jetzt. Er hat mir Sachen erzählt, die ich dann gegen ihn genutzt habe. Als ich ihm das dann geschickt habe, bin ich bin gerade zur Schule gegangen um meine Tochter abzuholen. Nach 20 Minuten hat er mich sofort angerufen nach und er hat gesagt, er habe gelesen. Und ich habe ihn gefragt: „Du hast das ganze Buch gelesen?“ Ich wusste er hat nur „Michael Jürgs“, „Michael Jürgs“, „Michael Jürgs“ gelesen. Es geht nicht anders und er so: „Ja ich les sehr schnell und ich bin ja ein Satan von Anfang bis Ende.“ Und dann habe ich gesagt: „Ne bist du nicht und eigentlich bist du die Figur, die sich am Meisten entwickelt, was auch stimmt, plus du bist ein Antagonist und das Publikum liebt Antagonisten. «     -Emily Atef

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(c) Peter Hartwig Rohfilm Factory Dor Film

Ihre Kindheitsfreundin Hilde (Birgit Minichmayr) versucht vergebens das Interview, welches von Romy sogar abgesegnet und später mit der Überschrift „Im Moment bin ich ganz kaputt“ wird, zu stoppen und verlässt mit den Worten „Das ist kein Interview mehr, das ist reine Manipulation“ das Hotelzimmer.

» Es gab eine Freundin, die da war und die habe ich auch mehrmals getroffen aber die hat sich dagegen entschieden verewigt zu werden. […] Und dann haben wir die echte Freundin gefragt: Darf ich eine Freundin kreieren- vollkommen fiktiv, nicht den gleichen Namen, nicht die gleiche Staatsbürgerschaft. Sie war Deutsche ich habe sie Österreicherin gemacht. Und sie hat ja gesagt. « -Emily Atef

In diesem Hotelzimmer entstanden auch einige Fotos von Robert Lebecks legendärer Serie. Sie zeigen eine Romy, die gleichzeitig himmelhochjauchzend und zu Tode betrübt am Teppichboden sitzt.

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