Antwerpian [a person who was born in, or is a citizen or inhabitant of Antwerp, Belgium]

Reisen
Zulla Ahmetovic / 01.02.2018
Porthouse in Antwerpen bei Nacht

„What is the most beautiful place in Belgium?“ – die drei möglichen Antworten sind: A. Antwerpen, B. t´stad oder C. de parking. In Antwerpen weiß Mensch Bescheid, dass Antwerpen t´stad ist, also DIE Stadt, the place to be. Alles unmittelbar um t´stad herum wird mit etwas Liebe, aber auch ganz viel Ernsthaftigkeit als de parking, also Antwerpens Parkplatz, bezeichnet. So, be careful which answer you choose. Especially when locals are around.

Um ein Gefühl für den Antwerpener Stolz zu bekommen, hier die Aussage eines Einheimischen, der hier geboren und aufgewachsen ist: „Mir wurde in meiner Kindheit und Jugend vermittelt, dass Antwerpen mit Städten wie New York und London gleichgesetzt werden kann. Erst als ich im Ausland gelebt hab ist mir klar geworden: Ich komme aus einer Kleinstadt!“ Antwerpen mag zwar, im Vergleich zu Wien etwa, eine kleine Stadt sein, dennoch ist die Bezeichnung Weltstadt gar nicht so weit hergeholt. Bei einer EinwohnerInnnzahl von 517.000 sind in Antwerpen 180 Nationalitäten wohnhaft.

Was den Erasmusaufenthalt in Antwerpen wirklich ausmacht: die StudentInnenkultur hier ist der Wahnsinn. 39 000 StudentInnen nehmen sich hier viel Raum und das ist spürbar. In ganz Antwerpen gibt es Ermäßigungen für StudentInnen, selbst in den „Fancy Restaurants“ der Altstadt. Ganz in der Nähe vom Stadtcampus der Universität Antwerpen ist der Ossenmarkt, DER Platz, auf dem sich junge studierende Menschen sowohl tagsüber, als auch abends sammeln, wahrscheinlich wegen dem billigen Bier und den durchaus populären Bars „Kassa 4“ und „Barracuda“. Die Sitzmöglichkeiten am Platz selbst sind eher ranzig, doch neben ein paar StudentInnenbars befinden sich hier auch „Frituur“ und „Kebab of Ossenmarkt“, zwei Fast-Food-Buden, die tagsüber gar nicht offen haben, dafür aber meistens die ganze Nacht über. Fakt ist: es gibt nichts Besseres als Belgian (!) Fries um 3 Uhr nachts! Die bizarrsten Momente des Abends tragen sich irgendwie immer am Ossenmarkt zu… well, what happens at Ossenmarkt, stays at Ossenmarkt.

Die Antwerpener StudentInnenverbindungen sind mega engagiert und veranstalten day trips, Parties, Debatten, Sportaktivitäten etc. Was hier ganz anders ist als in Wien: viele Mitglieder der StudentInnenclubs tragen, mit dem Wappen und den Farben des jeweiligen Clubs bestickte Schärpen. Diese tragen sie wirklich immer und voller Stolz: Sowohl im Alltag auf der Uni, als auch auf Parties. Wenn Mensch aus Wien kommt und schärpentragende Individuen auf der Uni als erstes immer gleich mit Burschenschaften assoziiert, wirken die Bräuche der Antwerpener StudentInnenverbände am Anfang ziemlich bizarr. Mit rechten Gruppierungen haben die StudentInnenclubs der unterschiedlichen Fakultäten dennoch wirklich nichts zu tun. Im Gegenteil gibt es sowohl eine LGBTIQ+-, sowie eine Frauengruppe, die fakultätsübergreifend agieren. Außerdem haben die Clubs gute Beziehungen zueinander und veranstalten ab und zu auch gemeinsam Parties.

Um die Schärpe eines Clubs tragen zu dürfen und von einem einfachen Mitglied zum/zur respektierten SchärpenträgerIn aufzusteigen, muss Mensch tatsächlich eine Woche lang den/die „SklavIn“ anderer SchärpenträgerInnen spielen, kleine Goodies an PassantInnen verkaufen und sich auch ein wenig lächerlich machen. Am Ende jeder Pledge-Woche findet dann das „Hazing“, also das eigentliche Aufnahmeritual statt – eine richtig dreckige Angelegenheit, die den einen oder die andere zum Kotzen bringt, weil nämlich viel getrunken wird und eine Menge an Unappetitlichem, aber dennoch Ungefährlichem, gegessen wird. Jede/r StudentInnenclub geht mit ihren „pledges“ unterschiedlich um, aber um sicherzustellen, dass nichts zu unangenehm oder gefährlich wird, gibt es immer eine/n Verantwortliche/n für alle „pledges“. Das ganze Aufnahmeritual soll nämlich vor allem Spaß machen. Ganz wichtig dabei ist, dass die pledges solidarisch miteinander umgehen und einander unterstützen, was beim Aufnahmeritual bedeutet, auch noch das eine Stück Knoblauch zu essen, obwohl du schon 7 Stück davon hattest, aber dein mitleidender „pledge“ schon kurz vorm Kotzen ist.

Ich bin gerade dabei mich so richtig schlimm zu verlieben. Es mag zwar sein, dass Antwerpen im Moment übersät von Baustellen ist und die Menschen in Belgien generell ein wenig introvertierter sind und daher manchmal eher unfreundlich wirken können… Nichtsdestotrotz ist es mein Ziel diese Stadt während meines Erasmus-Jahres zu entdecken. Mit all ihren schönen und hässlichen Seiten. No Whitewashing – Give me the good and the bad!

Zusätzlich ist mir klar geworden, wie privilegiert ich bin. Ein Erasmus-Aufenthalt kostet Geld. In meinem Fall decken die Beihilfen aus Österreich zum Großteil meine Kosten (Miete, zusätzliche Kosten wie Strom, Wasser, Essen, etc.) dennoch studiere ich hier zusammen mit jungen Studierenden aus anderen europäischen Ländern, die teilweise mit wirklich mickrigen Beträgen an Beihilfe auskommen müssen. Erasmus muss zu einer realistischen Option für alle StudentInnen Europas gemacht werden. Jeder junge Mensch sollte diese Erfahrung machen dürfen. Bildung im Ausland ist nämlich wunderbar. Was sie nicht sein darf, ist unbezahlbar.

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Umleitung - im Moment an beinahe jeder Ecke in Antwerpen, so scheint es. In der ganzen Stadt werden Straßen(-bahnschienen) ausgebaut, Gebäude renoviert… t´stadt ist im Wandel!

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Jugendportal.at wurde zuletzt am 17.04.2024 bearbeitet.

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