Der Handel mit dem leblosen Pelz

Engagement
Zulla Ahmetovic / 28.11.2016
(c) Zulla Ahmetovic

Das Team des Hämmerle Modehauses auf der Mariahilfer Straße trägt an diesem Samstag des 12. November 2016 schwarz-weiß. In einer Reihe stehen sie hinter der Kassa und blicken resigniert nach draußen zu den protestierenden Menschen. Zu hören sind laute Trommeln und starke Parolen wie: „Hämmerle ist schuldig, Hämmerle macht mit – auf Kosten der Tiere ein Mordsprofit.“ Als ich den MitarbeiterInnen entgegen komme, lächeln sie mich freundlich an.  Auf meine Frage, was sie denn von der Demonstration, die gerade vor ihrer Filiale stattfindet, halten und wie sie persönlich zum Verkauf von Pelz stehen, bekomme ich die Antwort: „Jede/r KonsumentIn sollte selbst entscheiden können, was er/sie kauft oder nicht.“ Außerdem findet der Hämmerle-Mitarbeiter, dass sich die Kritik am Verkauf von Pelz an den ganzen Markt richten und nicht nur gegen Hämmerle allein protestiert werden sollte. Was er nicht zu wissen scheint ist, dass der VGT – Verein gegen Tierfabriken – noch am selben Tag vor vielen weiteren Modegeschäften, wie Kleider Bauer, Turek, Pulloveria und Sport eybl, die allesamt Pelz-Kleidung in ihrem Sortiment anbieten, Halt machen wird, um darauf aufmerksam zu machen, dass diese Bekleidungsketten mit dem Leid von Tieren Profite machen. Was den Hämmerle-Mitarbeiter sicherlich überraschen würde ist, dass der VGT diese Großdemonstration gegen Pelz jedes Jahr organisiert und es jedes Jahr schafft hunderte Menschen dafür zu mobilisieren.

 

(c) Zulla Ahmetovic

 

Unter den Protestierenden befinden sich die verschiedensten Menschen. Viele von ihnen tragen (teils selbstgebastelte) Schilder in der Hand, die alle ausdrücken sollen, wofür diese Menschen an jenem Tag auf der Straße stehen: Die Pelzproduktion ist ein großes Verbrechen an den Rechten der Tiere und sollte sofort eingestellt werden. Einige haben sich verkleidet. Eine Aktivistin sitzt sogar in einem Käfig und stellt ein Tier dar: Blutverschmiert und verängstigt. Neben dem Tier im Käfig liegt das Produkt, für das es ermordet werden wird: Ein Pelzmantel.

Unter den DemonstrantInnen ist auch Martin Balluch, der Obmann des VGT, das sich seit 1992 für die Rechte der Tiere einsetzt und für eine Sensibilisierung und Änderung in der Gesellschaft kämpft, damit Tiere nicht mehr als Objekte gesehen werden, mit denen Menschen respektlos umgehen können, sondern gleichwertig behandelt werden.

Martin Balluch ist ein bekannter Tierschutzaktivist, der schon in den frühen 80er Jahren gegen den Pelzhandel demonstriert hat. Damals war der Markt für leblosen Pelz und die Nachfrage danach um ein Vielfaches größer als heute, erinnert sich Balluch. Zu dieser Zeit gab es, laut Balluch, allein in Wien 1500 Pelzgeschäfte: „Wien war eine Drehscheibe des Pelzhandels. In Österreich gab es in den 90er Jahren noch 43 Pelzfarmen.“ Ende der 80er Jahre jedoch ist Pelz „zu einem Produkt geworden, das nicht mehr in der Öffentlichkeit getragen werden kann. Der Pelz [hat] wahnsinnig an Ansehen verloren und ist irrsinnig stark aus der Wirtschaft herausgedrängt worden.“

1998 war Österreich weltweit das erste Land, in dem das Pelzfarmverbot erreicht worden ist. Seitdem gibt es in Österreich tatsächlich keine Pelzfarmfabriken mehr. Immer mehr Länder in Europa haben dieses Gesetz übernommen – zunächst England im Jahre 2004, danach folgten Schottland, Kroatien… Ein großer Triumph für die Tierrechtsbewegung ist, dass Holland, das Land mit den größten Pelzproduktionsstätten der Welt, mit einer Übergangsfrist bis 2024 beschlossen hat, die Pelzproduktion gänzlich zu untersagen.

 

Die Tierrechtsbewegung hat es also geschafft, eine Masse von Menschen zu erreichen und davon zu überzeugen, nein zu Pelzmode zu sagen. Das hat Druck auf die Politik gemacht, so dass dementsprechende Gesetze erlassen wurden. Trotzdem stehen wir im Jahre 2016 immer noch auf der Straße und müssen auf das Verbrechen Pelzproduktion aufmerksam machen, weil immer noch Profit auf Kosten der Tiere gemacht wird.

In den 2000er Jahren erlebte der Pelzhandel ein Comeback. Laut Balluch wurde nämlich eine Menge Geld in die Werbung für den Handel mit leblosem Pelz gesteckt. Pelz sollte nicht mehr als „Luxusprodukt“ gelten, sondern erschwinglich für die/den „Normal“-Kundin/Kunden werden. „Man hat ihn gefärbt, man hat ihn geschoren, so dass er unerkannt wird und die Menschen gar nicht realisieren was sie da kaufen. Unsere Aufgabe ist es, [die Menschen] darauf aufmerksam zu machen.“

 

(c) Zulla Ahmetovic

 

Trotz des Wiederauflebens der Pelzproduktion und des –handels, war der Pelzmarkt nie so klein wie heute, weiß Balluch. Doch solange wir in einem kapitalistisch-patriarchalen System leben, das durch die Ausbeutung von Mensch und Tier genährt wird, werden selbst engagierte Menschen wie Martin Balluch, die ihr Leben dem Tierschutz widmen, die qualvolle Pelzproduktion nicht stoppen können. Tierquälerei steht in unmittelbarem Zusammenhang mit all den anderen Ungerechtigkeiten auf unserer Welt und ist ein Teil einer ganzen Weltordnung die überwunden werden muss. Bis dahin wird der VGT weiterkämpfen und beim Demozug nächstes Jahr, der sich wieder vom Christian-Broda-Platz, über die Mariahilfer Straße und den Ring, bis zum Stephansdom ziehen wird, erneut viele Menschen auf die Straße bringen, die alle wissen: „Ob Chinchilla, Fuchs oder Nerz, Pelz heißt Tod, Pelz heißt Schmerz!“

 

 

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