
Worum genau dreht sich ein Wirtschaftsstudium und wie läuft es ab? Zwei Studentinnen der WU Wien erzählen, wem sie ihr Studium empfehlen würden.
Sie ist ein „Klassiker“ unter den Studien: die Wirtschaftswissenschaft. Dabei ist es mit Wirtschaft längst noch nicht gesagt: Betriebswirtschaft, Volkswirtschaft, Wirtschaftsinformatik, Wirtschaftsrecht,… Die Breite dieser Studienrichtungen in Bezug auf Inhalte und Berufsfelder aber auch die Jobaussichten sind für viele StudienanfängerInnen Mitgründe sich für Wirtschaft zu entscheiden. Nicht allen ist dabei schon anfangs ganz klar, was in diesem Studium inhaltlich auf sie zukommt. Darüber geben hier Beatrice (21) aus Italien und Cornelia (19), Studentinnen der Internationalen Betriebswirtschaftslehre (Studienrichtung Sozial- und Wirtschaftswissenschaften) der Wirtschaftsuniversität Wien Auskunft – und erzählen auch, welche Herausforderungen das Studium an ihrer Universität mit sich bringt.
Gibt es für euer Studium einen Aufnahmetest? Habt ihr Tipps dafür?
Cornelia: Für den Studiengang Sozial- und Wirtschaftswissenschaften an der WU Wien gibt es meistens einen Aufnahmetest Anfang oder Mitte Juli, da die Anzahl der angemeldeten Personen die Aufnahmekapazität überschreitet. Von diesem Test sollte man sich jedoch nicht abschrecken lassen, da meistens fast alle Personen, die zum Test erscheinen auch aufgenommen werden. Vor dem Aufnahmetest ist bei der Anmeldung auch ein Motivationsschreiben zu verfassen, bei dem es empfehlenswert ist, einfach ehrlich zu sein.
Die STEOP [Anm. Studieneinführungs- und Orientierungsphase: Einführung in das Studium sowie Voraussetzung für die weiteren Lehrveranstaltungen] an der WU ist sagenumwogen, man sollte sich jedoch nicht davon abschrecken lassen. Natürlich sind die Prüfungen nicht so einfach wie Schularbeiten, man sollte deutlich mehr Zeit zum Lernen einplanen und es ist sehr aufregend, die ersten Uni-Prüfungen zu schreiben. Wenn man sich aber gut auf die Prüfungen vorbereitet, sind sie wirklich machbar, auch mit guten Noten. Besonders Mathematik und Volkswirtschaftslehre haben den Ruf, sehr schwierig zu sein. In VWL wurde aber im Wintersemester 2017/18 der Stoff geändert und damit einfacher. In Mathe ist es zu empfehlen, sich die Studyboxx-Videos zu besorgen.
Beatrice: In meinem Jahrgang gab es keinen Aufnahmetest, sondern man musste ein Motivationsschreiben verfassen. Allerdings hängt es immer davon ab, wie viele InteressentInnen sich im konkreten Jahr bewerben. Falls die Zahl der BewerberInnen zu hoch ist, ist ein Aufnahmetest zu bestehen, um an der WU studieren zu können. Ich glaube, dass man sich nicht davon abschrecken lassen sollte. Denn die Konkurrenz ist normalerweise nicht sehr groß und mit ausreichender Motivation ist es nicht schwierig, einen Platz zu bekommen.
Worum geht es in eurem Studium? Was lernt man - und was nicht?
Beatrice: Man analysiert jeden Aspekt des Themas Wirtschaft - von Marketing über Finanzierung und Volkswirtschaftslehre bis hin zu zukunftsfähigem Wirtschaften. Man lernt, wie man mit wirtschaftlichen Problemen umzugehen hat und wie man auf die effizienteste Lösung kommt. All diese Problematiken werden, im Fall von IBWL, in einen internationalen Kontext gesetzt.
Was man nicht lernt, ist die Praxis. Die meisten Fächer sind sehr theoretisch und weniger praxisorientiert. Deswegen ist es notwendig, während oder nach dem Studium Praktika zu absolvieren.
Cornelia: In internationaler Betriebswirtschaft geht es darum, wie man einen Betrieb führt mit allem, was dazu gehört: Rechnungswesen, Marketing, Personalmanagement, Logistik und vieles mehr. Ebenfalls wird in diesem Studium ein Schwerpunkt auf Sprachen, insbesondere fremdsprachliche Wirtschaftskommunikation gelegt wird. Man muss zwei Fremdsprachen im Zuge des Studiums als Wirtschaftskommunikation wählen und einige Kurse darin belegen. In weiterem Zuge muss man bei den SBWLs [Anm.: selbst zu wählende Spezialisierungen] mindestens eine mit internationalem Schwerpunkt wählen. Zusätzlich zu den betriebswirtschaftlichen Fächern müssen vereinzelt auch Prüfungen in den verwandten Bereichen Volkswirtschaft, Wirtschaftsinformatik und Wirtschaftsrecht bewältigt werden.
Welche falschen Erwartungen könnt ihr hier zerstreuen?
Cornelia: Das Studium ist definitiv machbar, wenn man sich genug hineinhängt, auch in Mindeststudienzeit.
Beatrice: Man muss auf jeden Fall viel und intensiv lernen und das Studium selbst planen. Die Österreichische HochschülerInnenschaft (ÖH) bietet viele Möglichkeiten, um den Studierenden zu helfen ihr Studium bestmöglich zu gestalten. Aber grundsätzlich ist man auf sich gestellt. Man bekommt wenig Unterstützung in der Planung und Organisation seines Studiums, weshalb es notwendig ist, sich immer sehr gut zu informieren.
Was ist gut an eurem Studium, was nicht so toll?
Beatrice: Die Professoren sind, in den meisten Fällen, sehr kompetent und immer bereit den StudentInnen zu helfen. Das finde ich an meiner Universität hervorragend.
Cornelia: Die Anmeldung zu den prüfungsimmanenten Lehrveranstaltungen [Anm.: Übungen mit Anwesenheitspflicht] ist jedes Mal wieder ein Kampf. Aufgrund der beschränkten Kapazität der Lehrveranstaltungen und der großen Zahl an Studierenden, muss man wirklich mit der Atomuhr pünktlich zur Anmeldung um 13:59:58,5 die Website aktualisieren, um eine Chance zu haben, in die gewünschten Lehrveranstaltungen zu kommen.
Was sollte man mitbringen? Wann sollte man eher ein anderes Studium wählen?
Cornelia: Sprachenkenntnisse, da man zusätzlich zur Unterrichtssprache Deutsch noch zwei Wirtschaftssprachen im Studium lernen müssen, bei denen die Kurse in etwa auf Maturaniveau anfangen. Ebenfalls sollte man mit Zahlen umgehen können. Wirtschaftsstudien beschäftigen sich sehr viel mit Zahlen, in einem Großteil der Fächer kommt zumindest ein bisschen Mathematik vor.
Beatrice: Man sollte ausreichend Motivation und Zielstrebigkeit mitbringen. Das Studium ist nicht leicht. Deshalb ist es empfehlenswert, sich nur anzumelden, wenn man sich wirklich für Wirtschaft interessiert und es einem nichts ausmacht, stundenlang zu lernen.
Wie schätzt ihr die Berufschancen ein?
Beatrice: Die WU Wien hat nicht nur in Österreich einen guten Ruf, sondern weltweit. Deshalb bietet dieses Studium, denke ich, gute Berufschancen in einer gut bezahlten Branche.
Cornelia: Die Berufschancen schätze ich recht hoch ein, da man nicht nur eine reguläre BWL-Ausbildung hat, sondern einen zusätzlichen Schwerpunkt auf Internationalität und Fremdsprachen, was in der Zeit der rapiden Globalisierung immer wichtiger wird.
Was hättet ihr gerne vor eurem Studium gewusst? Habt ihr Tipps?
Cornelia: Nicht auf die anderen StudentInnen hören! Besonders an der WU gibt es sehr viele Leute, die beim Schwierigkeitsgrad der Prüfungen weit übertreiben. Einfach das Beste geben und genug lernen, dann geht das schon. Und die Repetitorien vor den Prüfungen sind meistens sehr hilfreich, wenn es welche gibt!
Beatrice: Ich hätte gerne mehr darüber gewusst, wie ich mein Studium am besten gestalte. Deswegen würde ich allen neuen Studierenden empfehlen, an den ÖH Aktivitäten teilzunehmen, um immer informiert zu sein.
Worauf sollte man noch achten?
Cornelia: Auslandserfahrung ist verpflichtend, entweder in Form eines Auslandssemesters an einer der circa 180 Partnerunis, 3 verschieden Sommeruniversitäten im Ausland oder einem mindestens zweimonatigen Auslandspraktikums.
Laut ÖH beträgt die durchschnittliche Dauer eines Bachelor-Studiums an der WU neun Semester. Es ist auch in Mindeststudienzeit [Anm. 6 Semester] machbar, dafür muss man sich natürlich stärker hineinhängen. Noten sind an der WU nicht gerade unwichtig, da das Aufnahmeverfahren für einige der SBWLs (Spezialisierungen) am Notendurchschnitt aufbaut, man sollte sich jedoch nicht die ganze Zeit Sorgen um die Noten machen, da man sich dadurch nur unnötigen Stress macht, schließlich gibt es 27 höchstinteressante SBWLs zur Auswahl.
Beatrice: Auch Praktika sind ein wichtiges Thema. Die meisten Studierenden absolvieren wenigstens ein Ferialpraktikum während des Studiums und das wird in gewissen Maßen auch von Firmen verlangt. Meiner Meinung nach ist es schwierig, ohne Berufserfahrungen mit einem Bachelor einen guten Job zu bekommen.
Wie viel Zeit muss man in euer Studium investieren? Wie viele Semester braucht man realistisch gesehen insgesamt?
Beatrice: Meiner Einschätzung nach braucht man mindestens 20 - 30 Stunden pro Woche, um das Studium in 7 bis 8 Semestern abzuschließen.
Cornelia: Am Anfang des Studiums, wenn man noch keine Pis [Anm. Lehrveranstaltungen mit Anwesenheitspflicht] hat, hängt der Aufwand vom Lerntyp ab. Im späteren Verlauf denke ich sind es circa 25-35h.
Würdet ihr euer Studium insgesamt weiterempfehlen?
Cornelia: Ich kann das Studium sehr weiterempfehlen für alle, die an BWL interessiert sind und sich später vorstellen können, in einem multinationalen Betrieb zu arbeiten oder ihn gar selbst zu führen. Man sollte ein gewisses Fremdsprachentalent mitbringen, wenn einem das nicht so liegt, kann man nach dem zweiten Studienabschnitt immer noch auf die reguläre Betriebswirtschaftslehre umsteigen.
Beatrice: Ich würde mein Studium weiterempfehlen, weil man einen guten Einblick in die Wirtschaftswelt bekommt, die nicht nur für einen zukünftigen Beruf wichtig ist, sondern auch für das alltägliche Leben.