Video-Chat mit Ministerin: Zwischen jugendlicher Beteiligung und alten Denkmustern

Engagement
Karim Azman / 14.08.2020
Republik Österreich - Meeting App

„Würden Sie sich als Feministin sehen?“, fragt Youth Reporterin Mona, 21, Christine Aschbacher, die Bundesministerin für Arbeit, Familie und Jugend.

Seit 1999 wird jährlich am 12. August der „Internationale Tag der Jugend“ begangen. Jedes Jahr wird ein anderes Thema in den Fokus gerückt. Am vergangenen Mittwoch stand der „Internationale Tag der Jugend“ ganz im Zeichen der politischen Beteiligung junger Menschen. Das Motto des von der UN eingeführten Tages lautete diesmal: „Engagement der Jugend für globales Handeln“, wohl auch weil wir gerade in Anbetracht der globalen Krise, der aktuellen Pandemie, die mit ihren Einschränkungen in all unsere Lebensbereiche eingreift, alle gefordert sind. Man möchte fast sagen, dass insbesondere junge Menschen gefordert sind. Die jungen, die sich so unverwundbar fühlen, dass sie die zeitlose, für manche jedoch neue Hygiene-Etikette ignorieren.

Verschiedene Organisationen und Initativen haben die Belange der Jugend tagtäglich im Blick. Am Aktionstag selbst gab es überraschend wenig spezielle Aktionen, eine davon wurde jedoch von diesem Medium veranstaltet: Ein Gespräch zwischen sechs jungen Menschen, die sich beim Jugendportal engagieren, sowie den beiden MitarbeiterInnen des Jugendportals Natalie Brezer und Daniel Eberharter, und nicht zu vergessen: Die Protagonistin, die Bundesmininsterin für Arbeit, Familie und Jugend, Christine Aschbacher.

Screenshot Austausch BM Aschbascher mit Jugendlichen des Jugendportals

Das Setting: zeitgerecht. Die Dauer: Eine knappe Stunde, in der die TeilnehmerInnen auf dem mit Zoom vergleichbaren Videokonferenzportal „Cisco“ des Bundesministeriums miteinander telefonierten. Über alle möglichen Themen: Seien es die Schwierigkeiten der Vereinbarkeit von Beruf und Familie, das Home Office bei Müttern oder Vätern in den letzten Monaten mit daraus folgender Mehrfachbelastung oder fehlende Perspektiven für Jugendliche. 

Es waren auch kritische Fragen dabei. Als sich „Get-Active“-Mitglied Jonas, 19, bei Aschbacher über mögliche Pläne einer Arbeitszeitverkürzung erkundigte, war auf keine Begeisterung zu hoffen. Denn Ministerin Aschbacher ist zwar mit ihren 36 Jahren eine eher junge Politikerin, aber als Mitglied der ÖVP in ihren Haltungen naturgemäß eher konservativ eingestellt. Insofern verwies sie auf die Betriebe, die nach monatelanger Kurzarbeit kurz vor der Ohnmacht stehen. Und obwohl sie Recht damit hat: Wäre es nicht auch legitim, in der Begründung eine Prise Opportunismus zu vermuten? Wäre es nicht menschlicher gewesen, bei der Beantwortung der Frage von einem anderen Ist-Zustand auszugehen?

In Anbetracht dessen, dass sich Politiker derzeit weltweit das Corona-Virus zunutze machen, um die Demokratie auszuhebeln, muss jede Aussage unter die Lupe genommen werden. In einem wohlhabenden Land wie Österreich muss langfristig an große Neuerungen wie beispielsweise ein bedingungsloses Grundeinkommen oder Arbeitszeitverkürzungen gedacht werden, um den Status quo als fortschrittliche und eben auch soziale Industrienation zu gewährleisten oder auszubauen.

Welche Antwort Bundesministerin Aschbacher auf die Eingangsfrage der Youthreporterin Mona gegeben hat? Eine politische und diplomatische, in der sie sich um eine eindeutige Antwort gewunden und erklärt hat, dass eine Frau sich für jede nur denkbare Option im Leben entscheiden könne, weil Frauen eben so verschieden sein können. Ein bestärkendes Statement, dem zuzustimmen ist. Andererseits verwundert es durchaus, wie die ÖVP-Ministerinnen Raab und Aschbacher sich mühen, tunlichst nicht als Feministinnen wahrgenommen zu werden. Möchten sie sich etwa derart von den Politikerinnen anderer Parteien abgrenzen? Ist es in den Kreisen der ÖVP heutzutage verschrien, Feministin zu sein, ähnlich wie bei dem Wort "Kommunistin"?

Das sind Fragen, bei denen man zum Philosophen werden könnt'- oder zur Philosophin! Immerhin war die Geschlechterkonstellation in der Videokonferenz zufällig genauso ausgeglichen wie in der Bundesregierung.

Mein Fazit: Eine nur einstündige Videokonferenz mit 9 TeilnehmerInnen lässt tiefergehende Diskussionen schwer zu. In einer derartigen Konstellation muss vielmehr darauf geachtet, jeden zu Wort kommen zu lassen. Ministerin Aschbachers Art, sich zu unterhalten, war freundlich und sie gab stets das Gefühl, auf Augenhöhe zu sein. Dass Bundesministerin Christine Aschbacher am Ende weitere Gespräche in Aussicht gestellt hat, ist erfreulich. Damit zeigt sie: Es ist ihr ein wirkliches Anliegen, zu mehr Bürgerbeteiligung in der Politik anzuregen.

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