"Wer schön sein will, muss leiden."

Leben
Isabell Aigner / 09.04.2018
Gurkenmaske

Wer schön sein will, muss leiden.

Das Sprichwort kennen alle und leben die meisten.

Das Sprichwort ist für alle wahr, die so beschränkt sind, sich nur darauf zu reduzieren. Mit dieser Schönheit ist in den meisten Fällen nämlich nur das Aussehen gemeint. Das rein oberflächliche Erscheinungsbild. Eine temporäre, vergängliche Darstellung. Natürlich, genetisch festgelegt. Genau auf den jeweiligen Typus angepasst. Somit eigentlich perfekt. Eigentlich.

Dennoch glauben wir, Gott spielen zu müssen, um göttlich auszusehen. Es beginnt im Kleinen. Mit einfachen Maßnahmen und Handgriffen wird „das Beste herausgeholt“, gezupft, geglättet, gefärbt, überdeckt, betont. Und wenn das nicht mehr reicht, legt sich Frau oder Mann eben unters Messer, spritzt, saugt ab, schneidet weg, vergrößert, verkleinert, strafft - und leidet. Leidet der Schönheit wegen. Leidet um Teil der Gesellschaft - oder besser gesagt Teil der Leidtragenden zu sein. Leidet um Idealen zu entsprechen. Rein oberflächlichen Idealen, die vorgelebt oder vorgegaukelt werden. Und wenn ein Idealbild erreicht ist, jagen wir dem nächsten hinterher. Denn bei einem Schönheitsbild zu bleiben, wäre doch zu einfach.

Um die Rechnung weiter zu erschweren, hängt Schönheit nämlich auch von Zeit und Ort ab. Was in der Steinzeit noch als anzustreben galt, ist jetzt Schandbild. So würde man eine damalige Ikone - die Venus von Willendorf - sofort auf Diät schicken. Was in anderen Ländern Gang und Gebe ist, ist bei uns – Gott sei Dank (ob man das jetzt ehrlich oder ironisch nimmt, sei dahingestellt) Seltenheit. So schickt es sich laut der Internetseite „Watson“ in Belgien und Griechenland, sich die Augenlider straffen zu lassen. Oder etwa in Kolumbien - sich die Wangenknochen und Pobacken korrigieren zu lassen.

Und wann sind wir korrekt? Wer definiert Schönheit? Wer legt die Ideale fest?

Hollywood? Die Medien? Victoria’s Secret?

Wer lüftet das Geheimnis? Das Geheimnis, das eigentlich alle wissen. Wir allesamt. Wir selbst definieren Schönheit. Wir selbst sind es, die uns mit den Bildern in den Zeitungen und Magazinen vergleichen. Wir selbst sind es, die die Seiten der Instagram Beauties downscrollen und alles für bare Münze nehmen. Ist ja schließlich alles echt. Echt fake, echt dämlich, echt selbstzerstörerisch. Wir selbst sind es, die den Behauptungen anderer und der Werbung Glauben schenken. Wir selbst sind es, die dies und jenes kaufen oder konsumieren, mit der Überzeugung dadurch schöner zu werden. Und? Werden wir auch schöner? Oder leiden wir nur mehr? Woher wissen wir überhaupt, dass wir ab jetzt schöner sind? Weil wir ein Kompliment bekommen haben? Weil Heidi heute ein Foto für uns hat? Weil die Zahl auf der Waage nach unten gegangen ist? Weil wir viel Geld für eine „Anti-Aging“-Creme ausgegeben haben? Natürlich- wenn wir selbst altern und vergänglich sind, muss zumindest ein Teil von uns, der Schönheitswahn, unsterblich sein.

Denn Schönheit ist wichtig. Sehr wichtig sogar. Aber wissen wir eigentlich, was wirklich schön ist? Wirklich schön ist Zufriedenheit, Gesundheit, eine liebende Familie, FreundInnen, seine Talente ausleben zu können. Wirklich schön ist es, in einem Land wie Österreich zu leben, mit einer (noch) intakten Natur, der Achtung von Menschenrechten und solchen Privilegien, die es erst ermöglichen, Äußeres überzubewerten. So liegt laut einer Statistik von „statista.com“ ein gepflegtes Äußeres auf Platz eins im Ranking und Gesundheit -  Gesundheit liegt am letzten Platz. Das zeugt davon, wie krank wir bereits sind. Dass wir lieber leiden, als nicht „schön“ zu sein.

Natürlich spielt das Aussehen eine Rolle. Immerhin ist es maßgebend am ersten Eindruck, den man von einer Person bekommt. Und im zweiten Eindruck, merkt man vielleicht, dass Schönheit im Auge der Betrachterin oder des Betrachters liegt. Was dem oder der einen gefällt, findet jemand anders hässlich. Das ist auch schön.
Aber vielmehr liegt Schönheit im Auge des oder der Seienden. „Nur eine kann Germany’s Next Topmodel werden“. Papperlapapp- nur eine kann zu sich selbst sagen, dass sie schön ist. Und davon überzeugt sein. Denn alle Likes auf einem Foto, jegliche Torturen und Schönheitstricks werden das Leiden nicht mindern, wenn man sich selbst nicht liked und Schönheit nur auf sein Äußeres reduziert. Wenn man erkennt, in wie vielen verschiedenen Facetten man schön sein kann und, dass man auch ganz schön schirch sein kann, dann wird das Leid ein Ende nehmen.

Liebe Leute, wer schön sein will, der soll es einfach sein.

 

Weiterführende Links

Boom beim Schönheits-OPs (Watson)

Statistik: Bedeutung von Schönheit in Österreich

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Jugendportal.at wurde zuletzt am 23.04.2024 bearbeitet.

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