Zwischen Tradition und Moderne: Die Österreichische Tracht

Leben
Nicole Oirer / 04.04.2019

Egal ob jung oder alt, egal ob Stadtmensch oder Landei, egal ob männlich oder weiblich. Der Großteil der ÖsterreicherInnen hat zumindest ein „trachtiges“ Teil irgendwo im Schrank liegen. Ob das nun Dirndl oder Lederhose ist, oder einfach nur ein Hemd oder eine Trachtenjacke bleibt dabei egal. Nichtsdestotrotz, die Tracht ist immer wieder Gesprächsstoff. Aus diversen Gründen.

„Ein Dirndl ist gar nicht mehr so besonders!“

Spätestens jedes Jahr im September ist ein Dirndl weit verbreitet. Pünktlich zum „O’zapft is!“ werden die Kleider jedes Jahr aus dem Schrank geholt und das nicht nur bei den Österreicherinnen oder den Bayrinnen. Das berühmt-berüchtigte Oktoberfest ist international geworden und mit ihm auch unsere Tracht. Auch wenn man zugeben muss, dass die Kleider, die von BritInnen, AmerikanerInnen oder AustralierInnen getragen werden, oft nicht mehr allzu viel mit unserer Tracht zu tun haben. Dennoch, in Tracht fällt man heutzutage nicht mehr so extrem auf, wie noch vor einigen Jahren.

Das Geschäft mit der Tracht

Von billig bis extrem teuer gibt es bei der Tracht alle Preiskategorien. Das Geschäft mit der Tracht beginnt bei €20,- für eine Lederhose auf Amazon und startet danach wieder bei mehreren hundert Euro für eine in einem traditionellen Trachtengeschäft. Die Preise sind danach nach oben hin offen. Dasselbe gilt für Dirndl. Pünktlich zur Dirndlsaison sieht man die Kleider in allen möglichen Geschäften hängen. Ich spreche hier nicht nur von C&A oder H&M, sondern auch von Lidl und Hofer. Prinzipiell ist der Gedanke, diese Traditionskleidung für jeden leistbar zu machen, eine ganz nette, allerdings muss man schon ehrlich sagen, dass gerade bei Trachtenkleidung ein Preis- und demnach meistens ein Qualitätsunterschied doch zu erkennen ist.

„Ein Dirndl ist aber schon extrem sexualisierend oder?“

Wer ein Dirndl trägt, muss meist damit zurechtkommen, dass Blicke in eine bestimmte Richtung gehen. Nach diversen Belästigungsskandalen auf Oktoberfesten, konnte man bald darauf einen neuen Trend bewundern. Hochgeschlossene Dirndl, die nicht mehr so viel Einblick bieten wie die „normalen“ Dirndl. Mir persönlich gefallen diese Dirndl nicht so gut wie die anderen, aber ich finde sie eine schöne Alternative für jene Frauen, die sich mit einem tieferen Ausschnitt nicht so wohl fühlen, immerhin soll jede/r das mögen, was er/sie anhat. Nur, um ganz ehrlich zu sein, ein Dirndl mit weniger Ausschnitt wird ein Belästigungsproblem auf lang oder kurz auch nicht lösen, denn der eigentliche Grund für dieses Problem ist ja nicht der Ausschnitt, sondern eher die Tatsache, dass die meisten Täter ebendiesen als eine Art „Einladung“ ansehen. Und genau das ist er eben nicht. Allerspätestens bis zur nächsten Dirndl-Saison sollten das alle verstanden haben, denn ein tiefer Dirndlausschnitt kann ziemlich viel sein, aber mit Sicherheit ist er keine Einladung zu Übergriffen.

„Wo ghert de blede Maschn hi?“

Wer hat den Satz gerade gelesen und versteht direkt, was ich meine? Nicht selten ist es mir passiert, dass ich die Zeit etwas übersehen habe und spät dran war. Und dann steht man da, wird nervös und es fehlt noch die Dirndlmasche. Wo diese zu binden ist, verwirrt mich jedes Mal aufs Neue. Da ich es mir nie merken kann (und gerade hoffe, dass mich irgendwer versteht und sich die Leserschaft gerade nicht denkt „Wie kann man sich das nicht merken?“) hier ein kurzer Maschenguide, denn diese zu binden ist ja geradezu eine eigene Wissenschaft.
Die Dirndlmasche zeigt eigentlich den Beziehungsstatus der Trägerin an. Ist die Schleife vorne links gebunden, ist die Dirndlträgerin in keiner festen Beziehung oder zumindest noch nicht verheiratet. Ist die Schleife hingegen vorne rechts gebunden, ist die Trägerin in einer festen Beziehung oder verheiratet. Ist die Schleife hinten gebunden, kann das unter anderem bedeuten, dass die Trägerin verwitwet ist. Allerdings binden auch oft Kellnerin die Schürze hinten. Vorne mittig gebunden soll angeblich symbolisieren, dass die Trägerin unentschlossen sei. Diese Art ist allerdings nicht so weit verbreitet. Also, liebe Männerwelt, merken: „Schleife links, Glück bringts“ und „Schleife rechts ist schlecht!“

Für mich ist die Tracht nach wie vor etwas Besonderes. Sie gehört zu Österreich wie Sissi, Schifahren und Strudel. Mein Dirndl kommt vielleicht nicht allzu viel aus dem Schrank heraus, aber dafür freue ich mich immer umso mehr, wenn ich doch einmal Gelegenheit habe, es anzuziehen. Der Preis der Tracht ist für mich bis zu einem gewissen Level hin auch noch gerechtfertigt, immerhin bezahlt man in Trachtengeschäften immer für eine gute Qualität, nicht selten noch für handgemachte Elemente, wie Stickereien. Der Ausschnitt stört mich persönlich auch nicht, meiner Meinung gehört er irgendwo auch zum Dirndl hinzu. Ich finde es schön zu sehen, wie die Tracht immer mehr Aufschwung erlebt und auch unter den jungen Leuten immer mehr verbreitet ist. Allerdings darf man vor lauter Angebot, Trend und Moderne auch nicht die Traditionen hinter der Tracht vergessen.

 

 

 

@jugendportal auf Instagram

Jugendportal.at wurde zuletzt am 23.04.2024 bearbeitet.

Partner