„Get out of your comfort zone“ – 72 h ohne Kompromiss

Engagement
Barbara Strasser / 09.01.2017
(c) Barbara Strasser

Am Abend des Anmeldeschlusses saß ich vor meinem Laptop und starrte auf das Online-Anmeldeformular. Meine Finger tippten auf die Tischplatte meines Schreibtischs. Ich war unschlüssig: „Soll ich mich anmelden, oder nicht? Das alles ist schon ein bisserl außerhalb meiner Komfortzone … ich kenne niemanden - warum will in meinem Freundeskreis eigentlich keiner außer mir dabei sein? –, werde zwei Tage in der Schule fehlen und weiß nicht einmal, zu welchem Projekt ich eingeteilt werde. Was ist, wenn ich mich mit keinem verstehe oder das Projekt einfach nicht meins ist? … So oder so, es wäre eine lehrreiche Erfahrung, eine Geschichte mehr zum Erzählen. Außerdem ist es eine Möglichkeit anderen zu helfen, aufzustehen und zu sagen „Ich mach‘ was“ und genau das dann zu tun. Ich will niemand sein, der sitzen bleibt, weil der Sessel so bequem ist.
Ach, was kann schon passieren? So lerne ich mehr Leute kennen und zwei Schultage sind auch nicht die Welt, oder?“

 

(c) Barbara Strasser

 

Ein etwas holpriger Start

19. Oktober, St. Pölten. Nach einem kurzen, ungewollten, fast schon zur Tradition gewordenen Umweg, gefolgt von einem Nach-dem-Weg-Fragen, kam ich gerade noch pünktlich in der Franziskanerkirche an. Kurz darauf fand ich mich in einem mit Menschen, die sich alle zu kenne schienen, gefüllten Saal wieder. Musik wurde gespielt und um nicht peinlich berührt, alleine dazustehen, versuchte ich mich mit ein paar Jugendlichen zu unterhalten, was nicht so leicht ist, wie vielleicht gedacht. Jung bedeutet nicht unbedingt kontaktfreudig. Ein paar kurzweilige und etwas einseitige Gespräche später begann die Eröffnung, bei der es sowieso um‘s Zuhören und weniger um‘s selber Reden ging: Da konnte ich mich zurücklehnen und das Ich-bin-alleine-bei-einer-Veranstaltung-bei-der-sich-anscheindend-alle-außer-ich-kennen-Gefühl ein bisschen abklingen lassen.
Gleich nachdem die Eröffnung beendet war, entdeckte ich die Gruppe, der ich zugeteilt worden war.

 

(c) Barbara Strasser

 

206: „Setz di nieda, sei ned zwieda“

Ziel war es einen Tisch samt vier Bänken für das „Masala“ Kinder- und Jugendwohnheim gemeinsam mit zwei Bewohnern und einigen Tischlerlehrlingen aus der Lehrlingswerkstatt „Linie 8“ zu bauen.
Als ich eine Woche vor dem Start die E-Mail mit der Projektbeschreibung erhalten habe, war ich zugegebenermaßen etwas überrascht – vier Bänke und einen Tisch bauen? Ich? Ich glaube nicht, dass ich das kann.
Aber meine anfängliche Skepsis hat sich schnell in Luft aufgelöst. Mit der Hilfe von den fleißigen Tischlerlehrlingen, die uns genau erklärten, was wir zu tun hatten, bauten sich die Möbelstücke fast von selbst, wobei die Lehrlinge den größten Teil übernahmen und sogar Überstunden machten, wofür wir ihnen nach wie vor sehr dankbar sind.
Es war auch sehr interessant, ein bisschen in den „Alltag“, wobei das für alle Beteiligten sicher nicht alltäglich war, und in die Prozesse einer Tischlerei hinein zu schnuppern. Beim Zinken, Schleifen und Lackieren durften wir helfen und ich muss sagen, dass es mir, auch wenn ich wirklich keine gute Tischlerin abgeben würde, wirklich sehr gut gefallen hat.

Neben der ganzen Arbeit lernt man auch einige Menschen kennen: Eine Schar von Tischlerlehrlingen, unter denen auch zwei starke Mädels waren, einen künstlerischen Sozialarbeiter, der schon als Mechaniker und Gitarrenbauer gearbeitet hat und in einer Band spielt, zwei Burschen aus Syrien und Somalia, die für jeden Spaß zu haben sind und auch drei Mädels in meinem Alter, die teilweise in der Jungschar und in der katholischen Jugend aktiv sind.

Innerhalb von 72 h ist nicht nur ein Tisch samt vier Bänken entstanden – ich habe auch einiges über Holzverarbeitung erfahren, eine Tischlerei, ein multiethnisches Kinder- und Jugendheim und das Herz der Katholischen Jugend von innen gesehen und natürlich interessante Menschen kennengelernt. Im Nachhinein bin ich zugegebenermaßen schon stolz auf mich. Alleine mitzumachen hätte sich nicht jeder getraut. Natürlich hätte es auch in die Hose gehen können – so hätte ich wahrscheinlich noch mehr Lebenserfahrungen gesammelt –, aber nur so sieht und lernt man etwas: Aufstehen, aus seiner Komfortzone gehen und tun.

 

Infos zur Intitiative der Katholischen Jugend, youngCaritas und Ö3 finden Sie hier

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Jugendportal.at wurde zuletzt am 17.04.2024 bearbeitet.

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