Mein Hobby, das Shoppen

Leben
Victoria Frühwirth / 25.02.2021
Mein Hobby, das Shoppen

Gedanken über Konsum und Kaufsucht

Ich freue mich, dass ihr, sehr geehrte Leserinnen und Leser, gerade die Zeit findet, euch für einen Moment zurückzulehnen und den Arbeits- oder Lernstress vorbeiziehen zu lassen.
Aber während ihr gerade eine Lesepause habt, lebe ich im Samstagmorgen-Format.

Richtig, für mich ist gerade Samstag.

Ich werde aufgeweckt, aufgeschreckt springe ich schnell aus meinem Bett.
Ich schalte den Wecker aus, ziehe mich an und laufe hinaus. Heute ist nämlich Shoppingtag. So wie.... jeden Tag.
Ich renne ins Kaufhaus, denn im Kaufhaus befriedige ich meinen Kaufrausch. Und das freut mich.
Ja, ich freue mich, ich bin erpicht auf das hohe Gewicht, das meine Einkaufstaschen später tragen. Da muss mich keiner fragen, jedem kann ich sagen: Ich habe Kaufsucht.

Für mich ist die Kaufsucht wie die verbotene Frucht, die Adam im Paradies versucht hat.
Sobald ich mich in einem Geschäft finde, sehe ich Mäntel und Taschen und Swarovski-Ringe – kein Wunder, dass ich manisch klinge.
Meine Kreditkarte ist mein bester Freund. Und ist sie leergeräumt, wird auch die Miete versäumt.
Aber ich kann nichts dafür, ich muss doch kaufen, Geld verbrauchen, bis die Taschen rauchen. Ich muss doch.

Sonst sitze ich noch alleine da – und mir wird klar, dass das immer schon so war. Ja, ich bin einsam.
Doch wenn ich mir die vierte Duftkerze kaufe, die fünfte Runde im Shopping-Center laufe und den sechsten Starbucks Frappuccino saufe, dann fällt es mir nicht auf.

Denn oberflächlich glücklich klingt doch viel schöner als süchtig.

Ich spüre es jetzt aber. Da ist eine Kraft um mich, ein Hindernis, das vergisst, dass Kaufen für mich eine List – darstellt.
Und so viel Geld ich auch besitz´, ist es im nächsten Moment schon wieder fort. An einem kapitalistischen Ort, und ich merke, dass es so nicht weitergeht, hoffe, es ist nicht zu spät, dass auch ihr Leser versteht, dass da Leben fehlt.

Da hilft aber kein Philosophieren, kein Debattieren, kein Argumentieren: Ich muss weniger konsumieren. Der Konsum beglückt mich nicht, er verrückt nur meine Sicht.
Da sitze ich jetzt in diesem Cafélokal, der Kaffee schmeckt fahl, meine Gedanken sind kahl und ich überlege. Wie ich mich jetzt pflege? Was ich denn für Pläne hege, wie ich meine Zukunft sehe?

Schaffe ich den Verzicht, das Kaufen mal nicht an die erste Stelle zu richten?
Mich anders zu belohnen als mit Silberkreolen, mich selbst zu beschenken, ohne mich in Geschäfte zu lenken?

Ich stutze. Ich schlucke. Natürlich geht das. Meine Vergangenheit drängt sich vor mein inneres Auge und wie ein Blick durch trübe Lauge sehe ich, wie ich die Natur aufsauge.
Das bin ich, mit 14 Jahren und meinen Freunden, wie wir einen Hügel erklimmen, Wanderlieder singen und alle finden, dass das genügt.
Damals brauchte ich keinen Konsum, um gute Laune zu erhalten, ich konnte mich selbst entfalten, habe begonnen, selbst zu gestalten und mich selbst zu verwalten.
Wie wär´s, wenn ich wieder werde, wie damals?

Ich bezahle beschämt meinen siebten Kaffee und gehe nach Hause. Auf meinen Schultern lastet das Gewicht von mehreren Taschen und das meines Gewissens noch dazu. In meiner Wohnung angekommen, packe ich Haufen von Kleidung und Accessoires zusammen, die mich sonst umklammern und spende an Sammler, die sich wohl damit fühlen.
Dafür kann ich mich in meinem Zimmer wieder rühren, ich habe endlich Platz für mich und meine Interessen.
Ich entschließe mich für Krimis, die mich stärker fesseln als der Konsum es mit mir getan hat. Und ich gehe wandern, wie damals.
Ich will in Zukunft mehr Zeit für mich, ohne, dass ich Gedanken an meinen gierigen Konsum verschwende.

 

Siebzehn Prozent der Österreicherinnen und Österreicher im Alter zwischen 14 und 29 Jahren sind betroffen von Kaufsucht, 19 weitere Prozent sind davon gefährdet.

 

Liebe Leserinnen und Leser: dieses Thema ist viel weiter verbreitet, als ihr es vielleicht erwartet hättet. Und so bitte ich euch als Konsumentinnen und Konsumenten: Seid achtsam. Schaut auf euren Konsum, eure Ausgaben und die Waren, die ihr gegen Geld eintauscht. Lasst euch nicht einlullen von Marketingtricks und werdet kritisch, werft einmal eine andere Perspektive auf die Werbung, der ihr täglich ausgesetzt seid. Denn bewusster Konsum kann jedem von euch zum Vorteil werden.

Danke für Eure Lesepause.

Quellen

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Jugendportal.at wurde zuletzt am 23.04.2024 bearbeitet.

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