Sprachassistenz: Meine Tipps und Erfahrungen

Meine Skills, Meine Zukunft
Kerstin Reiner / 09.06.2021
Sprachassistenz im Ausland

Vielleicht gibt oder gab es sie auch in deiner Schule: sogenannte SprachassistentInnen oder Native Speaker. Das sind meist junge Menschen, oft StudentInnen, aus verschiedensten Ländern, die FremdsprachenlehrerInnen im Unterricht unterstützen.

In meiner ehemaligen Schule war es etwa so, dass im Englischunterricht hin und wieder Native Speaker aus einem englischsprachigen Land mit dabei waren. Meistens übten die SprachassistentInnen mit einem Teil der Klasse die mündliche Kommunikation zu einem bestimmten Thema, das gerade im Unterricht behandelt wurde. Manchmal besprachen sie aber auch „landeskundliche“ Aspekte, zum Beispiel erzählte uns ein Sprachassistent aus den USA, wie er Thanksgiving feiert, und zeigte uns Fotos dazu. Ich fand als Schülerin die persönlichen Erzählungen immer interessant und authentisch und konnte von den Native Speakern auch viele umgangssprachliche Begriffe und Redewendungen aufschnappen.

Sie inspirierten mich aber noch in anderer Weise: Ich wollte das später auch einmal machen!

Bereits während meiner Schulzeit wurde von mir also die Idee geboren, als Studentin für ein Sprachassistenz-Praktikum einige Monate ins Ausland zu gehen, um dort mit SchülerInnen zu arbeiten, die Deutsch als Fremdsprache lernen. Während meines Romanistik-Studiums habe ich diesen Plan dann in die Tat umgesetzt und das Wintersemester 2019/2020 in Frankreich als Sprachassistentin verbracht – ja, ich hatte großes Glück, genau noch die Zeit vor Beginn der Pandemie dafür zu erwischen! In diesem Artikel gebe ich euch einen Einblick in meine Erfahrungen der Tätigkeit vor Ort und ein paar allgemeine Tipps für Auslandsaufenthalte.

Was macht man genau als SprachassistentIn?

Los ging mein Praktikum als Sprachassistentin mit einer Bewerbung in Österreich. Bei dieser wählt man sein Wunschland aus, denn Sprachassistenz-Praktika sind in verschiedenen Ländern möglich. Nach der Zusage erfuhr ich dann einige Zeit später den genauen Ort meines Auslandsaufenthalts (das können Städte, aber auch ländliche Gebiete sein) – ich landete in Straßburg im Elsass. Danach erhielt ich die Kontaktdaten der Schule, in der ich die Sprachassistenz absolvieren würde. In meinem Fall war es ein collège. In Frankreich wird diese Schulstufe von SchülerInnen im Alter von ca. 11 bis 15 Jahren besucht. Sprachassistenz ist in verschiedenen Schulstufen möglich, von der Vorschule bis zur Matura.

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Das Viertel Petite France in Straßburg. Foto: Kerstin Reiner

Anfang Oktober war es dann soweit. Ich war schon einige Tage früher nach Frankreich gefahren, um mich ein wenig einzuleben, dann war der erste Tag des Praktikums da. Natürlich war ich ziemlich aufgeregt! Ich habe in dem collège mit vier verschiedenen Deutschlehrkräften zusammengearbeitet und war in zahlreichen ihrer Klassen dabei. Die erste Woche war dementsprechend auch etwas überwältigend: Viele neue Gesichter, viele SchülerInnen und teilweise unterschiedliche Vorstellungen der LehrerInnen über meinen Einsatz als Sprachassistentin, zum Beispiel, ob ich mit den SchülerInnen im Deutschunterricht auch Französisch oder ausschließlich Deutsch sprechen sollte. Ich wurde von Anfang an herzlich willkommen geheißen und habe mich sehr wohl gefühlt. Mir wurde gleich das Du angeboten und ich wurde von den DeutschlehrerInnen wie eine Kollegin behandelt. Immer wieder konnte ich auch eigene Vorschläge einbringen und auch die Aktivitäten machen, die ich als Schülerin mit den SprachassistentInnen immer am besten gefunden hatte.

Insgesamt waren meine Aufgaben sehr vielfältig, was natürlich auch mit dem unterschiedlichen Alter und Sprachniveau der SchülerInnen zusammenhing. Oft war ich gleichzeitig mit der Deutschlehrkraft im Klassenraum, bin durch die Reihen gegangen (tatsächlich ohne Abstand und Maske, es war ja vor Corona) und habe die SchülerInnen einzeln bei Übungen oder dem Verfassen von Aufsätzen unterstützt. Häufig wurde ich gebeten, Texte aus den Schulbüchern vorzulesen, sodass die SchülerInnen die Aussprache einer Native Speakerin hören konnten. Manchmal bin ich mit zwei oder drei SchülerInnen für einige Zeit in einen Nebenraum gegangen, um dort das Sprechen zu üben, danach wurde getauscht und andere SchülerInnen waren an der Reihe. Ab und zu sollte ich Unterrichtsstunden zu einem bestimmten Thema (z.B. Umweltschutz) vorbereiten. Mit einer Klasse habe ich ein kleines Theaterstück einstudiert und anschließend in der Schule aufgeführt. Schließlich wurde ich regelmäßig von den Lehrkräften gebeten, Präsentationen und Arbeitsblätter zu „landeskundlichen“ Themen zu erstellen und mit den SchülerInnen durchzuarbeiten. Wenn in einer Klasse beispielsweise gerade das Thema Ernährung durchgenommen wurde, sollte ich „typische“ österreichische Spezialitäten vorstellen usw.

Wo liegt eigentlich l’Autriche (Österreich)?

Die meisten meiner SchülerInnen assoziierten mit der Sprache Deutsch das Land Deutschland, viele waren auch schon einmal in Deutschland gewesen – Straßburg liegt nahe an der deutschen Grenze. An dieser Stelle ein Fun Fact: Man kann sogar mit der Straßenbahn vom französischen Straßburg über den Rhein ins deutsche Kehl fahren!

Besonders schön fand ich, dass von Seiten der LehrerInnen und SchülerInnen auch großes Interesse spezifisch für Österreich da war, als ich erzählte, aus diesem Land zu sein. In einigen Klassen wurde etwa das deutsche Schulsystem durchgenommen, zu dem ich (in Österreich aufgewachsen und in die Schule gegangen) nicht viel Persönliches hätte beitragen können. Dafür wurde ich von den LehrerInnen gebeten, im Anschluss das österreichische Schulsystem vorzustellen. Beides ist vielleicht im Allgemeinen für 11- bis 12-Jährige nicht das spannendste Thema der Welt, aber als ich dann einen meiner alten Stundenpläne und ein Zeugnis hergezeigt habe, hat sich das, so zumindest mein Eindruck, deutlich verändert und mir wurden sehr viele neugierige Fragen dazu gestellt. Das ist auch genau das, was mir selbst als Schülerin an der Idee der Sprachassistenz immer so gut gefallen hat – besseres Kennenlernen eines Landes durch persönliche Schilderungen.

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Der Storch ist das Wahrzeichen der Region Elsass. Foto: Kerstin Reiner

Ansatzweise konnte ich im Unterricht auch sprachliche Unterschiede in den verschiedenen deutschsprachigen Regionen behandeln. Teilweise entstand das einfach aus einer Situation heraus, wenn ich die SchülerInnen etwa ganz automatisch bat, nach dem Unterricht die „Sessel“ (anstatt „Stühle“) auf die Tische zu stellen und in ratlose Gesichter sah. Es fiel mir aber sehr leicht, mich darauf einzustellen. Im Unterricht wurden natürlich vorwiegend „deutsche“ Vokabel gelehrt und gelernt, also beim Thema Kleidung etwa „Mütze“, „Schlafanzug“ oder „Klamotten“, und beim Thema Ernährung „Aprikosen“ oder „der Joghurt“. Dass ich mir angewöhnte, mit den SchülerInnen diesen Wortschatz zu verwenden, hatte auch Auswirkungen auf meinen privaten Sprachgebrauch. Meine Eltern und FreundInnen aus Österreich reagierten teilweise etwas verwundert, wenn ich mit ihnen telefonierte oder skypte. Da wurde schon das ein oder andere Mal scherzhaft gemeint, dass ich in Frankreich ja nicht nur mein Französisch verbessern, sondern auch mein „Österreichisch“ verlernen würde…

Unterrichtsalltag in Frankreich

Was mir besonders gut an der Sprachassistenz gefiel, war der direkte Einstieg in die Praxis. So konnte ich, learning by doing, vor allem Erfahrungen im Unterrichten sammeln, aber auch einfach ein anderes Schulsystem sehr gut kennenlernen. Zwar hatte ich schon im Französischunterricht in meiner eigenen Schulzeit das französische Schulsystem durchgenommen, aber das gleicht natürlich in keinster Weise dem praktischen Kennenlernen. Im Verlauf meines Praktikums am collège sind mir zahlreiche Unterschiede, aber auch viele Gemeinsamkeiten zwischen französischem und österreichischem Schulsystem aufgefallen. Zum Beispiel unterrichten LehrerInnen in Frankreich nicht jeweils zwei Fächer, wie es in Österreich üblich ist, sondern nur eines. Die DeutschlehrerInnen, mit denen ich zusammenarbeitete, unterrichteten also nur Deutsch und kein zweites Fach.

Außerdem haben nicht die einzelnen Klassen ihren eigenen Klassenraum, sondern jede Lehrkraft hat ihr Klassenzimmer und die SchülerInnen „wandern“ dementsprechend nach jeder Stunde. Besonders positiv aufgefallen ist mir diesbezüglich, dass die LehrerInnen infolgedessen ihr Klassenzimmer auch passend zu ihrem Fach gestalten können. In den Räumen der DeutschlehrerInnen etwa hingen an den Wänden Karten und Fotos aus den deutschsprachigen Ländern sowie zahlreiche Vokabel (z.B. die Zahlen, Farben oder nützliche Sätze für die Kommunikation während des Unterrichts).

Etwas verloren war ich angesichts meiner ersten Begegnung mit einer Computertastatur im collège, da die französischen Tastaturen anders aufgebaut sind als die deutschen und ich erstmal die Buchstaben suchen musste. Das führte natürlich zu Belustigungen unter den SchülerInnen, da ich mich anfangs ständig vertippt habe, wenn ich Texte oder Vokabel am Klassencomputer für den Beamer schreiben sollte.

Kontakt zu anderen SprachassistentInnen

Bevor es überhaupt nach Frankreich ging, gab es noch ein einwöchiges Vorbereitungsseminar in Österreich, was nicht nur inhaltliche und organisatorische Informationen bot, sondern auch ermöglichte, andere österreichische SprachassistentInnen kennenzulernen. Auch vor Ort in Frankreich gab es ein „Willkommens“-Seminar, wo ich viele junge Menschen aus verschiedenen Ländern kennengelernt habe, die die nächsten Monate in Frankreich als SprachassistentInnen verbringen würden.

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Blick von der Kathedrale in Straßburg. Foto: Kerstin Reiner

Je nachdem, was die persönlichen Ziele und Motivationen für einen Auslandsaufenthalt als SprachassistentIn sind, würde ich allerdings empfehlen, die Freizeit vor Ort nicht nur mit anderen (deutschsprachigen) SprachassistentInnen zu verbringen, da es sonst wahrscheinlich wird, die ganze Zeit nur Deutsch oder maximal Englisch zu reden. Das soll natürlich nicht bedeuten, dass der Austausch mit anderen SprachassistentInnen nicht wichtig ist, gerade am Anfang. Für mich war es etwa extrem hilfreich, mich über die Erfahrungen in den ersten Wochen der Sprachassistenz mit anderen zu unterhalten, die derselben Tätigkeit nachgingen, oder Ideen für den Unterricht auszutauschen. In meinem Fall war es aber auf jeden Fall auch ein Ziel meines Auslandaufenthalts, meine Französischkenntnisse zu verbessern. Ich habe aus diesem Grund z.B. eine Tandem-Partnerschaft vor Ort begonnen, das heißt, mich einmal pro Woche mit einer französischen Studentin getroffen, wobei wir miteinander Französisch- bzw. Deutschsprechen geübt haben. Auch in dem StudentInnenwohnheim, in dem ich für die Zeit des Aufenthalts wohnte, habe ich einige neue Freundschaften geschlossen.

Neben dem Bewussten lernt man im Laufe eines Auslandaufenthalts auch ganz unbewusst viel in der Sprache dazu, zum Beispiel neue Vokabel. Jene, die man in der Schule und im Studium gelernt hat, werden sehr schnell und automatisch durch Begriffe des Alltags ergänzt, wie etwa – so banal es klingt – wenn man das erste Mal vor der Waschmaschine im Studierendenheim steht und versucht, sich die verschiedenen Namen der Waschprogramme herzuleiten oder wenn man einen Vertrag zur Eröffnung des Bankkontos unterschreiben muss.

Busfahren, Einkaufen, Streiks

Mehrere Monate im Ausland zu verbringen erlaubt aber nicht nur, seine Sprachkenntnisse zu verbessern, sondern auch, „Land und Leute“ kennenzulernen. Das betrifft auch kleine Dinge im Alltag, die anders laufen, als man es gewohnt ist. Zum Beispiel war es üblich, im Bus immer vorne einzusteigen und den oder die BusfahrerIn mit einem obligatorischen (und sehr wichtigen!) Bonjour zu begrüßen, was ich sehr sympathisch fand. Außerdem war es eine Premiere für mich, am Sonntag einkaufen gehen zu können, denn Supermärkte haben in Frankreich auch sonntags geöffnet.

Erlebt habe ich auch eine große und lange Streikbewegung (Franzosen und Französinnen stehen im Ruf, viel zu streiken), wodurch wochenlang etwa der Bus, mit dem ich ins collège gefahren bin, sehr unregelmäßige Intervalle hatte, da die MitarbeiterInnen des öffentlichen Verkehrs am Streik beteiligt waren. Aber daran habe ich mich schnell gewöhnt und nebenbei von anderen FahrgästInnen, die mit mir warteten, ein paar neue französische Schimpfwörter gelernt. Auch im collège kam es zu Streiks, an denen sich einige LehrerInnen beteiligten, und der Parkplatz in der Nähe meines Studierendenwohnheims wurde regelmäßig für Demonstrationen gesperrt.

Erdbeben und Dauerregen

Ein anderes Ereignis werde ich wohl auch nicht vergessen, obwohl ich von ihm selbst nichts mitbekommen habe, was es gerade so skurril macht. Ich war an einem Nachmittag in der Innenstadt unterwegs, wo nichts davon zu spüren war, aber am selben Abend war in den sozialen Netzwerken und lokalen Nachrichten von nichts anderem die Rede als von einem Erdbeben. Im Studierendenheim wurde mir dann erzählt, dass kleine Erdbeben im Elsass öfter vorkommen.

Schließlich ist kein Reisebericht vollständig ohne Wetterbericht, daher noch der meinige: Es regnete den ganzen Herbst. Teilweise hat meine Familie schon gescherzt, ob ich sicher sei, in Straßburg zu sein oder nicht etwa doch in England. Es hat von Oktober bis Dezember gefühlt in einem durchgeregnet, meine Fotos von der Zeit zeigen hauptsächlich grauen und verregneten Himmel. Dafür wurde ich anschließend mit dem sonnenreichsten Winter meines Lebens belohnt :)

Fazit & praktische Tipps

Was man wissen sollte, ist, dass bei einem Auslandsaufenthalt organisatorisch einiges auf eineN zukommt. Abgesehen von der – oft mühsamen und langwierigen – Suche nach einer bezahlbaren Wohnung oder einem Studentenzimmer gibt es noch vieles andere zu regeln. Ich musste mir für mein Praktikum etwa vorab eine internationale Geburtsurkunde ausstellen lassen, ein Bankkonto vor Ort in Frankreich eröffnen und natürlich einen Haufen an Formularen und Dokumenten ausfüllen und unterschreiben lassen. Das alles kostet nicht nur Zeit, sondern auch Nerven, vor allem, wenn man jung ist und sowieso noch nicht so viel Erfahrung mit Bank-, Mietverträgen und Ähnlichem hat. All diese organisatorischen Dinge sollten aber auf keinen Fall von einem Auslandsaufenthalt abhalten! Auch wenn man sich das ein oder andere mal denkt, dass man nicht weiterkommt, oder sich überfordert fühlt, wird man durch diese Erfahrungen einen großen Schritt selbstständiger. Ein guter Tipp ist auf jeden Fall, sich mit anderen in Verbindung zu setzen. Oft können StudentInnen, die zum Beispiel im Vorjahr in der gleichen Stadt waren, wertvolle Tipps zu Wohnungssuche und Ähnlichem geben.

Abschließend möchte ich noch bemerken, dass das Geschilderte ein kleiner Einblick in meine ganz persönlichen Erfahrung ist und jedeR SprachassistentIn wahrscheinlich etwas andere Erfahrungen macht, schon allein aufgrund der Tatsache, dass die Länder und Schulstufen, in denen Sprachassistenz möglich ist, zahlreich und unterschiedlich sind. Mir hat meine Zeit in Frankreich sehr gut gefallen und ich kann die Sprachassistenz vor allem jenen empfehlen, die vorhaben, einmal im Bildungsbereich zu arbeiten und sich dafür schon ein paar zusätzliche Skills aneignen wollen, ebenso wie jenen, die Lust und Interesse haben, einige Monate im Ausland zu verbringen – hoffentlich wird dies möglichst bald ja auch wieder einfacher und unbeschwerter möglich sein!

Weiterführende Links

  • Falls ihr nun neugierig geworden seid und euch vorstellen könntet, dass ein Praktikum als SprachassistentIn auch etwas für euch wäre, findet ihr weitere Informationen (Bewerbung, Zielländer, Gehalt etc.) unter: weltweitunterrichten.at

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Jugendportal.at wurde zuletzt am 17.04.2024 bearbeitet.

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