Vom Aufruf, „bockig“ und unbequem zu sein: 25 Jahre SOS Mitmensch

Kultur & Events
Miriam Hoffelner / 21.02.2018
Sos Mitmensch Broschüre

„Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren.“ Mit diesem Zitat des ersten Artikels der allgemeinen Menschenrechtserklärung bot Moderatorin Zeynep Buyrac den Auftakt zur Jubiläumsfeier von SOS Mitmensch. Diese fand am 21. Jänner im Rahmen einer Matinee im Wiener Burgtheater statt. Mit Programmpunkten gestaltet von Persönlichkeiten wie Elfriede Jelinek, Dirk Stermann und dem Satiriker-Duo Maschek waren KünstlerInnen aus den verschiedensten Bereichen vertreten. Ein Resümee:

25 Jahre SOS Mitmensch. Das bedeutet auch 25 Jahre Lichtermeer, denn die Organisation wurde kurz vor und außerdem gerade wegen dem Lichtermeer am 23. Jänner 1993 ins Leben gerufen. Der Grund für die damalige Demonstration mit rund 300.000 TeilnehmerInnen war das von der FPÖ unter Jörg Haider propagierte „Anti-Ausländer-Volksbegehren“ und gerichtet war sie gegen Fremdenfeindlichkeit und Intoleranz. Diese Themen umspannten auch den Vormittag im Burgtheater. Im Zeitraum von drei Stunden äußerten sich um die zwanzig Menschen zum Thema „Zivilcourage unlimited“ – dem Titel der Veranstaltung. Dabei blieb auch die vor einem Monat angelobte österreichische Regierung nicht verschont.

Einen Start wie aus dem Bilderbuch schafften Maschek, die in ihrem Beitrag Gesichter der nationalen und internationalen Politik parodierten und damit das Publikum schnell für sich gewinnen konnten. In weiterer Folge präsentierte die renommierte Schauspielerin Elisabeth Orth die für SOS Mitmensch verfassten Texte der Autorin Elfriede Jelinek und des Autors Ewald Palmetshofer. Jelinek beschreibt mit aussagekräftigen Bildern ihre Gefühle zur derzeitigen politischen Situation Österreichs, sie bezeichnet rassistische Gruppierungen als „modernde Pilze“, die sich dem „Volkskörper“ anbieten, „der nicht wissen will, dass er durch sie langsam vergiftet wird“. Außerdem vergleicht sie den „dumpfen, diffusen Hass“, den sie in der heutigen Gesellschaft spürt, mit dem nach dem zweiten Weltkrieg von Hannah Arendt beschriebenen Hass, „der niemanden fand, den er verantwortlich machen konnte“. In ihrem Text schwingt Jelineks große Besorgnis mit, sowie eine unmissverständliche Warnung vor dem „Übergang in etwas Schreckliches“, der Elisabeth Orth durch eine selbstbewusste, sichere Performance Ausdruck verlieh.

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Zwischendurch wurde das Programm immer wieder mit musikalischen Darbietungen aufgelockert. Zum einen geschah dies durch das Kabarettduo Christoph und Lollo, das sich durch seine Musik ebenfalls kritisch zu Themen wie Ausbeutung äußerten, zum anderen begeisterte die vierköpfige Band MoZuluArt das Publikum. Diese Formation verließ auch gegen 14 Uhr als letztes die Bühne und hinterließ einen singenden, tanzenden Saal und einen hartnäckigen Ohrwurm.

Auch die humorvollen Anekdoten der Künstlerin Stefanie Sargnagel sowie des „Ausländers“ Dirk Stermann sorgten für eine gute Stimmung und kurzweilige Stunden. Bis auf eine Technik-Panne verlief alles reibungslos.

Doch leider stand die Veranstaltung auch in einem anderen, traurigen Licht. Der Todesfall der Menschenrechtsaktivistin und Flüchtlingshelferin Ute Bock am 19.01. stimmte viele der Auftretenden betroffen. Für ihre herausragende Arbeit und für ihren unermüdlichen Kampf um mehr Menschlichkeit wurde Ute Bock im Laufe des Vormittags durch Anekdoten über ihr Leben, eine andächtige Schweigeminute gefolgt von Applaus und nicht zuletzt durch die Vergabe des Ute-Bock-Preises für Zivilcourage von SOS Mitmensch Anerkennung und Bewunderung entgegengebracht. Die diesjährigen GewinnerInnen dieses Preises sind die Holocaust-Überlebenden Helga Feldner-Busztin und Rudolf Gelbard, die nach wie vor durch Vorträge und Besuche an Schulen aktiv für eine geschichtliche Aufklärung und Bewusstheit einstehen. Unter stehenden Ovationen des Publikums nahmen diese ihren Preis, dotiert mit 7000€, entgegen. Die Preisrede hielt der Autor Doron Rabinovici.

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Eine  vielschichtige Veranstaltung, voll von Humor, Kritik, Anteilnahme und vielen geistreichen Gedanken, fand am 21. Jänner im Burgtheater statt. Ein Vormittag im Zeichen der Menschlichkeit und des Miteinanders.

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Jugendportal.at wurde zuletzt am 17.04.2024 bearbeitet.

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