Wofür steht das F-Wort?

Leben
Hannah Dahl / 29.07.2019
Adichie Feminismus

Feminismus. Ein Wort, zehn Buchstaben und vier Silben, die bei manchen Vertreter*innen beider Geschlechter Verunsicherung, Angst und Wut hervorrufen. Outet man sich als Feminist*in, so folgen erfahrungsgemäß oftmals distanzierte und verwirrte Blicke, verachtendes Schnauben und Spott. Doch warum die heftigen Reaktionen? Offenbar ruft der Begriff bei den meisten vor allem Bilder von Horden wütender, radikalisierter Frauen hervor, die mit männerfeindlichen Plakaten durch die Straßen ziehen und bereit erscheinen, alles zu zerquetschen, das auch nur den Ansatz eines Glieds vorweist. Aber ist das denn wirklich, wofür diese Bewegung steht?

Lange dachte ich das auch. Nervenaufreibende Sprüche wie „The future is female“ oder „The world would be a better place if it were run by women”, die mir von rosafarbenen T-Shirts entgegensprangen, widerten mich an. Ich hätte meine Meinung zu Feminismus wahrscheinlich auch nicht so schnell geändert, hätte mir meine Mutter nicht das einzigartige Buch „We should all be Feminists“ der nigerianischen Autorin Chimamanda Ngozi Adichie geschenkt. In ihrem Werk offenbart Adichie den Feminismus als das, wofür er steht- das kollektive Streben beider Geschlechter nach Gleichberechtigung. Ich erkannte, dass ich mich schon längst als Feministin hätte bezeichnen können, was ich von diesem Tag an auch tat.

Nun könnte man ja meinen, die ganze Sache wäre eine reine Namensgeberei. Meine Einstellung zum Thema geschlechtlicher Gleichberechtigung hat sich durch die Lektüre des Buches schließlich nicht geändert - nur, dass ich mich nun nicht als Frauenrechtsaktivistin, sondern als Feministin bezeichne! Eine unnötige Kleinigkeit? Nein, denn bekanntlich wird der Begriff von den meisten falsch verwendet und verstanden. Davon zeugen vor allem schockierende Gespräche, die ich mit Freund*innen und Bekannten zu dem Thema führte. Da kamen von weltoffenen, gebildeten Menschen Kommentare wie: „Feminismus ist doch wie Gendern - übersensibles Getue, das gezielt betrieben wird, um die Menschen aufzustacheln. Wenn man das Thema nicht angeschnitten hätte, gäbe es kein Problem“ oder „Diskriminierung, Diskriminierung, Diskriminierung. Die Leute ergötzen sich daran, dabei gibt es das in Österreich ja de facto nicht mehr. Naja, über irgendetwas muss man sich wohl aufregen“. Auf die Frage, wieso sie nicht auch Feministin wäre, bekam ich von einer weiblichen Bekannten die Erklärung, dass sie sich „eben doch gerne schminke“ und es „auch nicht so schlecht fände, wenn ein Mann ihr die Türe aufhielte oder mit der Jacke helfe.“

Wieso ich mich also als Feministin bezeichne? Um durch Worte und Taten zu demonstrieren, wofür diese Bewegung wirklich steht, um dadurch den Begriff für Männer und Frauen zurückzuerobern. Der Kampf ist nicht leicht, denn nebst Gegner*innen der Bewegung verbreiten auch sogenannte „falsche Feministinnen“, die ihren Schmerz und ihre Wut über (oft selber erlebte) sexuelle Übergriffe und Belästigungen in Hass gegen das andere Geschlecht äußern und sich dadurch ein Eigentor schießen, eine komplett falsche Message.

Was wir also brauchen: Viele Feministen und Feministinnen, die die Botschaft der Bewegung verstehen, vertreten und in die Öffentlichkeit tragen! Offensichtlich sind wir noch sehr weit von einer Aufklärung zu dieser Thematik entfernt, aber um es mit den Worten Martin Luther Kings auszudrücken: „I have a dream…“

 

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