Die Unmöglichkeit des Unpolitischen

Politik
Melina Sederl / 29.04.2020
Die Unmöglichkeit des Unpolitischen

Das Private ist politisch, sagt man. Selten haben wir das stärker gespürt, als in der aktuellen Corona-Krise, als Erlässe unser Alltagsleben gründlich auf den Kopf gestellt haben. Es scheint nun den allermeisten Menschen klar geworden zu sein, dass Politik kein abstraktes Gerüst von unbedeutsamen Gesetzestexten ist, sondern den Rahmen bildet, in dem sich unser Gesellschaftsleben abspielt. Dieser Rahmen ist nicht aus Stahl, er ist veränderbar, lässt sich nach links oder rechts verbiegen und kann unterschiedlichste Formen und Farben annehmen.

Wie sich der Rahmen verändert, das bestimmen wir selbst, mit Wahlen, mit Demonstrationen und mit der Erhebung unserer Stimme. Dennoch gibt es Menschen, die Politik uninteressant finden, belanglos für ihr alltägliches Leben, denn ändern lasse sich sowieso nichts, da bleibe man lieber gleich unpolitisch.

Die Unpolitischen

Es braucht in meinen Augen zwei Dinge, um sich selbst als unpolitisch zu bezeichnen: umfassende Privilegien und mangelnde Empathie.

Menschen, deren Stimmen bereits gehört werden, können es sich leisten, unpolitisch zu sein. Denn unpolitisch zu sein bedeutet, den Status Quo erhalten zu wollen und somit die eigenen Privilegien zu sichern. Das Unpolitische ist also politisch. Marginalisierte Gruppen werden gekonnt ignoriert, denn deren Situation betreffe die Unpolitischen ja sowieso nicht. Doch Benachteiligte können sich nicht aussuchen, unpolitisch zu sein, ihre Rechte müssen erst erkämpft werden und dafür bräuchte es Solidarität von allen anderen. 

Wir haben unsere Rechte nicht einfach aus dem Nichts erhalten. 

Die Fähigkeit, die Gesellschaft selbst mitzugestalten wurde von Generationen vor uns erkämpft. Wie würde die Welt aussehen, wenn alle Menschen vor uns gesagt hätten, „Meine Stimme ändert sowieso nichts.“? 

Rechte müssen immer erst erkämpft werden und natürlich ist es in Zeiten des Friedens und Wohlstands bequemer, unpolitisch zu sein. Doch ruht man sich zu lange aus und verschließt die Augen, verliert man leicht aus dem Blick, was um einen herum passiert.

Soll die Welt also politischer werden?

Eine unpolitische Welt kann es nicht geben, denn Politik bestimmt, wer Macht und Freiheit besitzt und solange diese Privilegien verteilt sind, ist die Welt eine politische. Sogar die vermeintlich Unpolitischen werden mit Sicherheit spätestens dann politisch aktiv, wenn ihre eigenen Rechte in Frage gestellt werden, wobei eigentlich auch für den Status Quo zu sein, ein politisches Statement ist. "Unpolitisch sein heißt politisch sein, ohne es zu merken!", meinte schon Rosa Luxemburg. 

Es braucht also keine politischere Welt, sondern eine solidarischere.
Es braucht weniger Gleichgültigkeit und mehr Empathie.
Es braucht offene Augen und offene Herzen, weniger Angst und weniger Hass.

 

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