Hütet euch vor dem Plagiatmonster

Leben
Elias Bernhard / 12.01.2021
Ein Buch mit Passagen, die mit Leuchtstift markiert sind

Rund ein Drittel der männlichen Schüler und knapp die Hälfte der weiblichen Schülerinnen absolvieren die Matura. Dadurch erlangen sie den höchsten schulischen Abschluss, welcher den AbsolventInnen die Reife für den Besuch einer höheren wissenschaftlichen Bildungseinrichtung zuspricht. Um die Reifeprüfung zu bestehen, muss eine Vorwissenschaftliche Arbeit (VWA) in einem Gymnasium oder eine Diplomarbeit in einer BHS (berufsbildende höhere Schule) verfasst, präsentiert und diskutiert werden. Dies soll einen Einblick in das wissenschaftliche Arbeiten geben, um die VerfasserInnen mit den Standards einer solchen Arbeit vertraut zu machen.

Zitierregeln

Eines der größten Themen (neben den coolen, feschen, kompetenten und chilligen BetreuungslehrerInnen) sind diese nervigen Zitierregeln. Gerade jene stehen oft im Mittelpunkt vieler Last-Minute Gespräche vor der Abgabe.

Direktes oder indirektes Zitieren, wo kommt welcher Beistrich, wie kürze ich den Namen ab und wann kommt das „vgl.“, beziehungsweise was kommt ins Literaturverzeichnis? Dazu kommt noch das Dilemma, dass jede BetreuungslehrerIn etwas anderes verlangt und so auch viele andere MitschülerInnen verunsichert.

Am Ende waren sich dann aber fast alle Betroffenen einig: Zitieren ist nervig, aber auch verdammt wichtig.

Neben der Kommision mit ihren kontextlosen Fragen, besuchte nämlich noch ein anderer Endgegner die Albträume vieler MaturantInnen: Die Plagiatsoftware! Kaum bekannt aber umso gefürchteter. Wie viel Plagiat kann ich mir leisten? Ich habe doch einiges direkt zitiert, was wenn die Arbeit gar nicht zur Präsentation freigegeben wird?

Das Plagiat-Monster hatte schon dem/der einen oder anderen die positive Note zu Nichte gemacht.

Meine VWA, mein eigenes Plagiat

Auch ich habe meine persönliche Schlacht mit dem Algorithmus geschlagen. Einen kurzen Augenblick lang waren ich und meine VWA auf der Verliererseite. Ein Anruf meiner Lehrerin erreichte mich am Nachmittag des letzten Abgabetages (ja natürlich gebe ich auf den letzten Drücker ab, Hallo?) und begann mit den ruhigen und gleichzeitig zerstörenden Worten: „Elias, so etwas habe ich von dir nicht erwartet. Ich habe geglaubt mit dir nicht viel Arbeit zu haben, aber wie erklärst du dir 82 % Plagiat in deiner Arbeit?“

Selten gibt es Momente, in denen ich komplett sprachlos bin, doch für ziemlich genau vier Sekunden war dieser Augenblick einer. So stolz war ich auf meine Arbeit gewesen und so viele „aber jetzt wirklich letzten Male“ hatte ich die Arbeit auf Formatierung, Inhalt und Sprache kontrolliert.

Diese vier Sekunden endeten mit einem kleinen Geistesblitz, welcher mich an eine vorherige Version erinnerte, die schon drei Tage zuvor in der Datenbank gelandet war. Auf meinen Wunsch war jene wieder runtergenommen worden. Grund: Eine Abbildung war falsch beschriftet und in meiner Betriebsblindheit ist mir dies dann erst nach dem Abgeben aufgefallen. Der Algorithmus hatte das Plagiat auf meiner eigenen Arbeit erkannt und deshalb war fast die ganze Arbeit auf dem Bildschirm meiner Lehrerin rot gefärbt.

Selten habe ich so tief durchgeatmet. Das gemeinsame anschließende Lachen erinnerte mich an eine Situation in der Disco auf dem Maturaball. Leider machte sich mein Shot damals nicht wie gewohnt auf Weg in meinen Mund, sondern landete auf Umwegen auf meinem weißen Hemd.

Das Plagiatmonster

Genug gelacht, jetzt kommen wir zum ernsten Grund für diesen Text. Österreich hat einen neuen Arbeitsminister namens Univ.-Prof. Mag. Dr. Martin Kocher, da seine Vorgängerin scheinbar den Stress mit dem Zitieren und den bereits genannten Endgegner konsequent vermied. Zwar keine 82 % aber doch 21 % Plagiat ergaben neben peinlichen Google-Translate-Fehlern und weiteren nicht verständlichen Sätzen genug Gründe, die Christine Aschbacher den Job kosteten.

Neben den klaren und peinlichen Fehlern überraschte mich dennoch etwas anderes noch mehr: Die Herren- und Damenschaften in Wiener Neustadt und Trnava, ihren Studienorten, wären wohl nicht von allein auf das Missachten der wissenschaftlichen Standards aufmerksam geworden. Die Stellungnahmen der Professoren waren zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Artikels noch nicht geschehen. Da es die VWA leider erst seit dem Schuljahr 2014/14 gibt, sinniere ich zynisch über eine eventuelle VWA, die von der jungen Christine hätte verfasst werden können. Schade! Da hat das Land wohl einen Spaß der Sonderklasse verpasst.

Nutzt nichts, wir müssen uns mit dem zufrieden geben was wir haben und das ist mit der Bestellung von Martin Kocher ein Spitzenexperte in der Regierung und die Erkenntnis, dass wir SchülerInnen und StudentenInnen bitte auf das Zitieren achtgeben sollen.

Wir können uns leider zurecht vor dem Plagiatmonster fürchten. Es könnte uns unseren Traumjob rauben.

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Jugendportal.at wurde zuletzt am 17.04.2024 bearbeitet.

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