Merry Crisis: Das war das This Human World Filmfestival

Kultur & Events
Caroline Kuba / 16.12.2020
My Name is Baghdad, This Human World Filmfestival 2020

Das diesjährige This Human World Festival der Menschenrechte fand online statt und war ein klarer Erfolg auf allen Ebenen. Nicht nur die Auswahl an spannenden und mitreißenden Filmen, sondern auch das Rahmenprogramm aus Q&A’s, Diskussionen und Workshops zu den schwierigen und teils grausamen Themen, mit denen man durch die Filme konfrontiert wurde, hinterließen, zumindest bei mir, einen bleibenden Nachdruck (sic).

Besonders aufschlussreich fand ich das Rahmenprogramm rund um den Film „No Gold for Kalsaka° des Filmemachers Michel K Zongo in der Beitragskategorie Habitat, die sich mit teilweise sehr fremden Lebensrealitäten befasst. Die Dokumentation setzt sich mit dem Schicksal eines Dorfes auseinander, das nach der auf Luftschlössern erbauten Zusammenarbeit mit einem nach Gold grabenden Großkonzern mit verunreinigtem Trinkwasser, in Trümmern liegenden Heiligtümern und sich in Rauch auflösender Hoffnungslosigkeit zu kämpfen hat.

Nebst eines beeindruckenden, durch den Gesang eines Einheimischen begleiteten Filmerlebnisses, das noch Tage später in den Knochen dröhnt, überzeugte mich vor allem das Rahmenprogramm, das online über eine Zoom-Session mit Fragestell-Option, aber auch über einen Facebook Livestream mitverfolgbar war.

Hier diskutierten Anna Müller-Funk (vom THW-Team), Ingrid Pintarisch (Dreikönigsaktion & Treaty Alliance Österreich) und Hartwig Kirner (Geschäftsführer von Fairtrade Austria) darüber, die Verhältnisse unter denen ArbeiterInnen agieren müssen, Problematik der Lieferketten, ob so etwas wie wirklich „faires Gold" überhaupt existiert, und welche Alternativen es gibt, wenn man dem goldenen Glanz nicht widerstehen kann. Den Beitrag zum Nachhören findet ihr auf der Facebook Page von This Human World (den Link findest du weiter unten).

Gerade jetzt, mit dem Weihnachtskonsum-Wahnsinn vor der (hoffentlich desinfizierten) Tür, ist man durch die gegebenen Umstände dazu verleitet, bei Amazon & Co statt regional einzukaufen.

Dadurch schwindet auch leicht der Blick dafür, woher und von wem genau, gerade der Goldschmuck, der an Weihnachtstagen so gerne mit dem Flitter des Christbaums um die Wette glitzert, eigentlich kommt, und welche Auswirkungen der blinde Konsum auf sämtliche in die Produktion und Lieferung involvierte Menschenleben hat. Das Rahmenprogramm rund um Zongos Dokumentation war dank der irrsinnig spannenden Thematik und der interessanten Diskutierenden mein klarer Favorit.

Ein weiteres Highlight war die zum Ende des Filmfestivals abgehaltene Siegerehrung. Hier wurde jeweils ein Film pro Kategorie zum Gewinner bzw. zur Gewinnerin gekürt. Nach einer kurzen Einleitung durch die FestivalleiterInnen Lisa Heuschober und Michael Schmied verkündeten die jeweiligen JurorInnen in kurzen Videos die Siegerfilme.

Auch ich habe probiert, aus den vielen Filmen, die ich in der vergangenen Woche sehen durfte, ein Ranking zu erstellen...

Caro's Top 3 Filme This Human World 2020

Hier sind meine persönlichen Top 3 vom This Human World Filmfestival 2020

Platz 3: Sommerkrieg

Die Dokumentation verfolgt die zwölfjährigen ukrainischen Jugendlichen Jastrip und Jasmin, die einen Teil ihres Sommers im Camp Azovez verbringen. Was zuerst wirkt, wie ein gewöhnliches Sommerlager, mit geflochtenen Zöpfen und Geschichten am Lagerfeuer, entpuppt sich schnell als indoktrinierendes Millitärcamp, bei denen Kinder zwischen Drills lernen mit Maschinengewehren zu schießen und nachts in den Schlaflagern unter der Hand darüber geredet wird, wie gerne man Moskau brennen sehen würde.

Trailer: Sommerkrieg

Platz 2: In My Blood It Runs

Auf Platz zwei (allerdings Nennwert knapp hinter Platz 1) liegt für mich „In My Blood It Runs“. Der Film verfolgt die Geschichte des 10jährigen Dujuans, ein junger Aboriginal, mit heilenden Fähigkeiten, der mit Identität und dem Bergriff der Heimat und dessen Bedeutung kämpft. Der Film ist mit irrsinnig starken Aufnahmen von BLM Protesten unterlegt unbeschäftigt sich auf eine sehr rohe Weise mit Familie und Zusammenhalt und dem Ringen um Identität und Stimme. „In My Blood It Runs“ war für mich klar einer der bewegendsten Filme des Festivals, und zeigt auf seine eigene Weise eine Welt mit Problemen und Wünschen auf, der ich mir kaum bewusst war.

Trailer: In My Blood It Runs

Platz 1: My Name is Baghdad

Mein Favorit und dadurch auf Platz 1 liegt „My Name is Baghdad". Der Film verfolgt die 17 Jährige Skaterin Baghdad, die zusammen mit ihren Schwestern und ihrer Mutter in Sao Paulo lebt. Der Film hat sein ganz eigenes Tempo, reist vom queeren Frisörladen ihrer Mutter zu den von jungen Männern dominierten Skateparts, zu tiefen weiblichen Freundschaften und Zusammenhalt. Er streift schwierige Themen wie Sexismus und Polizeigewalt mit einer Ehrlichkeit und Mut, wie ich es so noch selten in Filmen erlebt habe. Ich werde mir den Film für meine private Sammlung zulegen, da ich ihn für einen der Filme halte, den man öfter sehen muss, um ihn tatsächlich in all seinen Facetten begreifen zu können.

Trailer: My Name Is Baghdad

An dem Festival teilnehmen zu dürfen und so starke cinematographische Einblicke in Welten zu werfen zu können, die meiner so fremd sind, war für mich eine sehr bewegende und anregende Erfahrung.

Ich kann nur jedem und jeder ans Herz legen, sich nächstes Jahr (dann hoffentlich wieder mit der Möglichkeit sich im direkten Dialog ins Auge zu spucken) Karten zuzulegen.
 

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Jugendportal.at wurde zuletzt am 17.04.2024 bearbeitet.

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