„Was du weißt, musst du nicht googlen“ – oder warum es nicht schlimm ist, gebildet zu sein

Wissen
Valentina Weiss / 25.09.2019
Latein

A: „Ich studiere Latein und Deutsch“

B: „Latein????“ *geschockt belustigter Blick*

Darf ich vorstellen? Dies ist eine ganz normale Konversation aus meinem Leben. Gefühlt jede Woche bekomme ich die Frage gestellt, was ich denn eigentlich beruflich mache und wenn ich meinem Gegenüber dann erfreut erkläre, dass ich Lehramt - Studentin mit den Fächern Deutsch und Latein bin, bekomme ich immer – und ich schwöre IMMER – die gleiche Antwort: ein ungläubiges „Latein????“. Oft kommt dann noch die Phrase „Das ist ja voll schwer“ hinzu. Meist von Menschen, die nie Latein in der Schule hatten. Viele fragen aber auch einfach „Warum?“.

Ich werde euch sagen, warum. Dieser Artikel wird euch zeigen, dass Latein nicht tot ist. Es ist lebendiger als man denkt!

Zuerst aber eine Klarstellung: Dies soll keine Rechtfertigung sein. Ich bin nicht der Meinung, dass Latein am absteigenden Ast sein sollte und ich es „retten“ muss. Ich will euch nur nicht vorenthalten, was man alles verpasst, wenn man Latein abwählt. Hier meine 5 Gründe für „Warum Latein“:

 #1 Das Latinum fürs Studium

Medizin, Jus, Deutsch, Englisch, … für unzählige Studien braucht man (zu Recht!) das Latinum. Viele Studierende, die kein Latein in der Schule hatten, müssen dieses dann mühsam nachholen. Zwei Lehrveranstaltungen pro Woche und die Prüfungen sollen auch nicht leicht sein. Denn: Latein ist keine einfache Sprache und sie zu Lernen braucht viel Kraft und Geduld. Und das während des Studiums, während man tausend andere schwierige Prüfungen hat, zusammen mit tausend anderen Studierenden innerhalb kürzester Zeit. Natürlich ist das unerträglich! Da verstehe ich, dass viele das Handtuch werfen und Latein verfluchen. Deshalb: Besser in der Schule lernen, gemütlich in 4-6 Jahren, in einer kleinen Gruppe und in ruhiger, vertrauter Umgebung. Denn so schätzt man die Sprache doch viel mehr!

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#2 Das Sprachbewusstsein

Ihr hasst die Grammatikstunden im Deutschunterricht, vor allem, weil es zum Teil echt kompliziert ist? Ja? Guess what, Latein hilft ungemein die deutsche Grammatik zu verstehen. Nein? Ich auch nicht, Deutsch war schon immer leicht für mich. Aber Latein hat mir trotzdem geholfen, die Grammatik meiner Erstsprache zu verstehen, die Satzkonstruktionen zu entschlüsseln und schlussendlich meine Ausdrucksweise zu verbessern. Für angehende Schreiberinnen und Schreiber, Rhetorikerinnen und Rhetoriker oder einfach Bewerbungsschreiberinnen und Bewerbungsschreiber ist das unglaublich hilfreich. Und eines dieser Dinge werdet ihr im Laufe eures Lebens mit Sicherheit irgendwann sein. Man bekommt einfach ein stärkeres Sprachbewusstsein und taucht tiefer in die Materie ein.

#3 Wegen dem Wissen

Wie hat man in der Antike gelebt? Welche Einflüsse hatte die damalige Gesellschaft auf unsere heutige Zivilisation? Was sind die Anfänge der medizinischen, philosophischen, wissenschaftlichen Diskurse? All das sind Dinge, die man im Lateinunterricht (oft subtil) lernt. Man übersetzt nicht nur irgendwelche blöde Texte. Man liest jahrtausendealte, berühmte Weltliteratur, in der über die verschiedensten Themen geschrieben wird. Und dadurch bekommt man ein unglaublich breites Wissen über unzählige Lebensbereiche, die bis in die heutige Zeit Früchte tragen und immer noch relevant sind. Und wer glaubt, die Theorien sind unglaublich veraltet und haben keine Gültigkeit mehr, sollte Ovids „ars amatoria“ lesen. So viele nützliche Datingtipps kann dir keine Bravo der heutigen Zeit geben. Eine Professorin hat einmal zu uns gesagt:  „Was du weißt, musst du nicht googlen!“. Und wie Recht sie damit hat! Natürlich kann ich googlen, was es mit den Aquädukten der Römer auf sich hatte. Natürlich kann ich googlen, wie das römische Recht das unsrige beeinflusst hat. Natürlich kann ich googlen, was man bei „Gaudeamus igitur“ wirklich singt. Aber wie cool wäre es, wenn ich das alles bereits wüsste?

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#4 Man weiß, dass es bei Punkt 3 „wegen DES Wissens“ heißen sollte!

Wegen verlangt den Genetiv!!!!!

#5 Man kann Inschriften lesen und Klugscheißen

Man mag vielleicht anderer Meinung sein, aber klug sein ist sexy! Man sollte sich mit seinem Wissen nicht verstecken und wenn man etwas über Gebäude, Geschichte oder prinzipiell irgendetwas weiß, kann man das durchaus in Gespräche einbinden. Gespräche á la „Siehst du die Kirche dort? Darauf steht auf lateinisch…“ sind nicht nervig, sondern beeindruckend. Ich meine die Tatsache, dass es cool ist, viel zu wissen und zahlreiche Hintergründe zu kennen, lässt sich doch nicht leugnen!

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So das wars auch schon mit meinen Gründen und natürlich gibt es noch tausende weitere. Aber die aufzuzählen würde ein Leben lang dauern und ich nutze mein Leben lieber damit, Ovids Flirttipps anzuwenden und Ciceros Rhetoriktipps umzusetzen und mich an Catulls Liebesleid zu bereichern. Die restlichen Gründe müsst ihr schon selbst herausfinden. Discamus linguam latinam!!!

 

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