Wenn in der Drehscheibe Deutsch gelernt wird…

Engagement
Anna Lena Bramreiter / 12.05.2016
Gruppe von Flüchtlingen

Die „Flüchtlingskrise“ ist in aller Munde. Doch kaum jemand berichtet über die Personen, die im Schatten von Grenzzäunen und Zeitungsartikeln stehen, die aber den weitaus wichtigeren Beitrag für die Integration von Einwanderern leisten: Die DeutschlehrerInnen.

Neben den LehrerInnen, die für den Unterricht „Deutsch als Fremdsprache“ ausgebildet sind, gibt es immer mehr Freiwillige in unserer Zivilbevölkerung, die ihre Freizeit opfern und Deutsch unterrichten. So auch in Graz, wo in der Volksgarten-Drehscheibe jeden Montag und Mittwoch StudentInnen unentgeltlich Schülern ihre Muttersprache beibringen.

Deutsch als Tor zur Arbeitswelt

Lehramtsstudentin Johanna kommt jeden Mittwoch mit dem Rad zur Drehscheibe, bei der sie seit Anfang März als Deutschlehrerin tätig ist. Nicht nur Johanna kommt freiwillig zum Unterricht, auch die zahlreichen Schüler und auch eine Schülerin besuchen ihn aus freien Stücken.  Die 21-Jährige  studiert Lehramt Englisch und Mathematik. Aus diesem Grund weiß sie, wie sie sich vor einer Klasse verhalten soll. Eine neue Herausforderung ist für sie das Vermitteln der deutschen Sprache. Oftmals ist es schwer die Artikel der, die, das im Deutschen verständlich zu erklären, da diese in den persischen Sprachen nicht existieren. Die KursteilnehmerInnen stammen aus Syrien, viele kommen aber aus Afghanistan und dem Irak. Die Lernwilligen in der Drehscheibe sprechen unter anderem die Dialekte Farsi (Iran) und Dari (Afghanistan). Durch Verbesserung ihrer Deutschkenntnisse wollen sie schneller in die Gesellschaft und den Arbeitsmarkt integriert werden. Ist man in Deutsch schreib- und sprechsicher bietet dies neue Möglichkeiten am Arbeitsmarkt.  Insgeheim ist das auch ein Ziel von Johanna: „Meine  Schützlinge sollen mit ihren gewonnen Deutschkenntnissen so schnell wie möglich einen passenden Job finden.“

Respekt und Wertschätzung

Für Johanna ist der Deutschunterricht ein wesentliches Element für eine gelungene Integration. Zu Beginn hat es sie überrascht, dass nur Männer zum Unterricht kommen. „Jetzt haben wir aber sogar eine Frau“, erzählt Johanna lachend. Die zu Beginn herrschende Angst, sie würde von den männlichen Schülern nicht toleriert werden, stellte sich schnell als grundlos heraus. Als ausgesprochen höflich beschreibt die junge Studentin ihre Schützlinge. Am Ende des Unterrichts wird für die Lehrerin applaudiert und sich herzlich für ihre Bemühungen bedankt. Trotz Schwierigkeiten bei der Verständigung, finden sich immer Schüler, die gut Englisch können und als „Assistent“ für die junge Lehrerin bereitstehen. Oft begleiten auch Kinder, die in Österreich erst seit kurzer Zeit in die Schule gehen, ihre Eltern in den Deutschunterricht und helfen ihnen bei Übersetzungen. Die Kinder lernen schnell, oft sind sie erst wenige Monate in Graz und haben sich schon dialektale Wörter angewöhnt.

Eigeninitiative trägt Früchte

Auch wenn die Arbeit in der Drehscheibe auf Freiwilligkeit beruht, so sind alle SchülerInnen und LehrerInnen topmotiviert und zielstrebig. Der Deutschunterricht soll Früchte tragen und ein besseres Leben der Asylwerber in Österreich bewirken.  Um dieses Ziel besser und leichter erreichen zu können wünscht sich Johanna Wörterbücher, um besser mit ihren SchülerInnen kommunizieren zu können, und gutes Unterrichtsmaterial. Mit der Initiative von Menschen wie Johanna kann ein besseres Zusammenleben in unserer Gesellschaft geschaffen werden. Solche Leute sollten nicht als „Gutmenschen“ schief angesehen werden, sie gehören gewürdigt! Denn: Sie lieben ihre Heimat Graz und wollen sie nicht gespalten sehen.

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Jugendportal.at wurde zuletzt am 23.04.2024 bearbeitet.

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