Die Ministerin hautnah – Dr. Sophie Karmasin im Interview

Politik
Julia Wendy / 18.08.2016
Youth Reporter treffen BM Sophie Karmasin

26. Juli 2016, 10:00 Uhr. Wir fünf Youth Reporter sitzen auf bequemen Sesseln im zehnten Stock des Ministeriums für Familien und Jugend. Die Nervosität steigt, gleich soll uns die Ministerin Dr. Sophie Karmasin empfangen. „Ein bisschen dauert es noch“, vertröstet uns eine Mitarbeiterin. Wir nutzen die Zeit um uns über unsere vorbereiteten Fragen auszutauschen und überlegen spaßhalber, was wir fragen wenn uns diese ausgehen. Was die Ministerin wohl auf „Vanille oder Schoko“ oder „Hund oder Katze“ antworten würde?

Endlich werden wir hereingebeten – ins Büro der Ministerin. Der Raum ist in weiß gehalten und wirkt sehr freundlich. Frau Dr. Karmasin begrüßt jeden von uns freundlich und natürlich wird gleich ein Gruppenfoto gemacht. Dann dürfen wir an einem großen weißen Tisch Platz nehmen. Nachdem unsere „Begleitpersonen“ Ursula Raberger, Natalie Brezer und Aleksandar Prvulović uns und das Youth Reporters- Projekt vorgestellt haben – und die Ministerin gleich ein paar Artikel lesen wollte – dürfen wir mit dem Interview beginnen.

 

Let the show begin – die Frau Dr. Karmasin stellt sich unseren Fragen

Frauen in der Politik heißt der erste Themenschwerpunkt. Ein Thema, das der Ministerin am Herzen liegt, das merken wir bald (mehr dazu könnt ihr bald im Artikel von Barbara lesen).

 

Ein Wertefundament

Dann geht es um Familie, eines der Ressortthemen von Frau Karmasin. Sie ist um keine Antwort verlegen. Wie vielfältig Familie sein könne? Sobald die Werte Loyalität, Vertrauen, Zusammenhalt, gegenseitige Unterstützung und Liebe vorhanden seien, würde sie das als Familie bezeichnen, erklärt uns die Ministerin. Auch Kinder seien nicht zwingend notwendig, um von Familie zu sprechen: auch Paare, ganz gleich ob heterosexuell, homosexuell oder Transgender und ältere Menschen, die diese Werte leben und pflegen würden, seien für sie Familie.

 

Die Väterkarenz im Aufschwung

Wir lernen, dass der Papa-Monat jetzt Familienzeit heißt und die Ministerin ist überzeugt, dass eben diese, neben Partnerschaftsbonus und Flexibilisierung des Kindergeldes dazu beitragen wird, dass in Österreich die Väterkarenz einmal so selbstverständlich sein wird wie in Skandinavien – auch wenn sie zugibt, dass das noch ein paar Jahre dauern wird. Gerne erzählt uns Frau Karmasin von den Erfolgen, die sie in ihrer Amtszeit schon verbuchen konnte: 63% der ÖsterreicherInnen würden das Land heute als familienfreundlich bezeichnen, vor ihrem Amtsantritt waren es nur halb so viele.

 

Familie oder Karriere?

Auch auf persönliche Fragen antwortet die zweifache Mutter ganz offen: Eigentlich gehe es ja nicht um Karriere, „das klingt so selbstverliebt“. Eher gehe es darum, etwas Sinnvolles zu tun. Für sie war immer schon klar, dass sie eine Familie und einen Job haben möchte, „sonst wär das irgendwie ein bisserl hohl“. Natürlich gebe es sehr stressige Tage und Zeiten, dennoch würde sie rückblickend nichts anders machen. Stattdessen möchte die Ministerin „Rahmenbedingungen schaffen, wo‘s leichter geht“. Damit meint sie beispielsweise Betreuungseinrichtungen, bessere Schulen, bessere Betreuungssituationen in den Schulen, mehr digitale Unterrichtsmittel und mehr Geld für die Schulen. Wenn wir schon bei Betreuungseinrichtungen sind kann ich es mir nicht verkneifen, Frau Karmasin nach ihrer Meinung zur umstrittenen Ganztagsschule zu fragen. Eltern würden mehr Flexibilität wollen, das würde einerseits aus Studien hervorgehen, andererseits könne sie es als Mutter selbst bestätigen. Viele Eltern seien teilzeitbeschäftigt und selbst Vollzeitjobs würden nicht immer 9 to 5 funktionieren, die Ministerin erwähnt den Pflegebereich, „ da hat man mal einen Nachtdienst und geht mittags heim“. Dementsprechend solle auch die Schule es ermöglichen, flexibel zu betreuen. Denn auch die fixe Ganztagsschule sei problematisch: „Es geht ja nicht immer nur um 16:00 Uhr und früher abholen, sondern auch 16:00 Uhr und vielleicht einmal länger.“

 

Mehr Stimme für die Jugend

Später kommen wir auf den Brexit zu sprechen, das zurzeit beste Beispiel dafür, dass die ältere Generation über die Zukunft der jüngeren, die noch nicht stimmberechtigt ist, abstimmt. Wir konfrontieren die Ministerin mit der Frage, ob es nicht sinnvoll wäre, Eltern ein zusätzliches Stimmrecht für ihre noch nicht wahlberechtigten Kinder zu geben. Nachdem dies aber verfassungsrechtlich (noch) nicht möglich ist, hat die Ministerin eine andere Lösung parat: Wir brauchen mehr Familien, denn Eltern stimmen laut Studien zum Wohle ihrer Kinder ab.

 

Radikalisierung – was tun?

Schlussendlich reden wir über ein brisantes und höchstaktuelles Thema: Die Radikalisierung von Jugendlichen (mehr dazu in Kürze im Artikel von Felix). Da herrscht bedrückende Stimmung im Büro, meine Gedanken kreisen um die Attentate von München, Würzburg und Ansbach. Frau Dr. Karmasin muss ehrlich zugeben, dass man Radikalisierung nicht 100%ig verhindern können wird, verweist aber auf ihre Beratungshotline für Extremismus (0800 20 20 44).

 

Bleibende Eindrücke

Zum Schluss wird die Stimmung durch das Thema Sport und Sharons Selfie-Anfrage, der die Ministerin gerne nachkommt, wieder besser. Gut gelaunt verabschieden wir uns.
Sophie Karmasin wird mir als offene, freundliche Politikerin in Erinnerung bleiben, die unsere Fragen wirklich ehrlich und interessiert beantwortet hat. Offenbar haben auch wir Eindruck hinterlassen, denn die Ministerin überlegt, uns zu einer ihrer Pressekonferenzen einzuladen. „… dann könnt ihr dabei sein, wenn der ORF böse Fragen stellt “, meint sie mit einem Augenzwinkern. Na, das merken wir uns.

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