Warum Populismus für'n Popo ist

Politik
Lena Six / 23.05.2019
Verkehrsschild Populismus

Populismus ist auf dem Vormarsch – in den USA, Russland, aber auch in Europa, ja sogar in Österreich. Mit Trump, Putin und Orban mögen zwar die bekanntesten und die am meisten berüchtigten Populisten unserer Zeit genannt sein, aber Populist*innen gibt es so viele, dass man sie kaum alle aufzählen könnte. Die Bezeichnung Populismus selbst leitet sich vom lateinischen Wort populus ab, was schlicht und ergreifend Volk bedeutet. Demnach ist Populismus eigentlich nichts anderes als die Politik für das Volk. Genau das sollte im Grunde auch die Hauptfunktion von Politik im Allgemeinen sein: Sorgen und Nöte der Bevölkerung wahrnehmen und sie als Anlass für Veränderung und Verbesserung sehen. Wo liegt dann also die Problematik bei populistischer Politik? Was macht eine/n Politiker*in zum/zur Populist*in? Und was genau macht den Populismus nun so bedenklich?

Populismus ist kein neues Phänomen, sondern existiert  bereits seit mehreren Jahrzehnten. Der Ursprung des Populismus liegt in den USA, wo Ende des 19. Jahrhunderts Farmer und ländliche Bauern gegen den Kapitalismus mit allen seinen Auswüchsen, wie Städte, Handel, und Industrie, protestierten. Seine Höhepunkte hatte der Populismus vor allem zu Zeiten der Weltwirtschaftskrise sowie im Nationalsozialismus. Und auch jetzt, im Jahre 2019, regieren viele Populist*innen in politischen Spitzenpositionen. Wichtig zu wissen: Populismus wird häufig nur mit Politik von rechts in Verbindung gebracht, natürlich gibt es aber auch Linkspopulismus! Heute bleibt die Gefahr, die Populismus birgt, oft leichter und länger verborgen, weil durch den Verzicht auf militärische Aggression scheinbar die Grenzen zwischen populistischer und nicht-populistischer Politik verschwimmen beziehungsweise aufgehoben werden. Der moderne Populismus erscheint dadurch oftmals weniger direkt und somit harmloser. Es bleibt die Frage, ob er deswegen tatsächlich auch harmloser ist oder die Gefahr nur besser zu verklären weiß.

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Wann wird nun aber ein/e Politiker*in zum/zur Populist*in? Es gibt mehrere Strategien, die alle Populist*innen – von Trump bis hin zu Strache – in ihrer Politik einsetzen. Wenn Du dieselbe Karriere wie oben genannte Herren anzustreben gedenkst, hab ich hier ein paar Tipps für Dich, wie Du mit Sicherheit ein/e ganz, ganz tolle/r Populist*in wirst!

1. Zunächst musst Du vorgeben, vermeintlich einfache Antworten für komplexe Problemstellungen zu haben. Die Vielschichtigkeit eines Problems wird dabei ganz bewusst ignoriert. Dazu gehört auch die Sündenbocktheorie: Finde Schuldige und gehe gegen sie vor, und zwar mit scheinbar ganz einfachen Maßnahmen, die sich in der Praxis halt leider kaum durchsetzen lassen.

2. Darüber hinaus stellst Du Dich als Sprachrohr für das Volk, für die Bürger*innen dar. Dabei gibst Du Dich als die einzige Person, die Sorgen und Nöte des entrechteten Teils der Bevölkerung versteht und ernst nimmt. Langsam aber sicher grenzt Du auf diese Weise die angeblich entrechteten Bürger*innen vom Establishment, also von den anderen, bereits gewählten Politiker*innen, ab. Du musst den Eindruck erwecken, als hätten andere Politiker*innen den Bezug zum Volk verloren, während Du, und nur Du, für die Menschen da bist und sie verstehst. So holst Du Dir die entrechteten Bürger*innen ins Boot und Du brauchst ihnen jetzt nur noch zu versprechen, gegen das Establishment, das sie ja im Stich gelassen hat, vorzugehen. Kurz: Es braucht eine eindeutige Abgrenzung von anderen Politiker*innen, Andersdenkenden, den Medien, Flüchtlingen, der EU. Du musst wissen, wie Du Menschen in gut und böse, in schwarz und weiß einteilen und Dir dies zunutze machen kannst.

3. Du musst lernen, die Macht der Sprache für Dich zu beanspruchen. Besonders von US-Präsident Donald Trump kannst Du Dir da viel abschauen: Beachte seine besonders einfache, teils vulgäre Sprache, mit der sich durch ihre Alltagsnähe viele Menschen schnell identifizieren können. Wörter, die wiederholt eingesetzt werden, verankern sich bei den Menschen im Gedächtnis und lösen Emotionen aus.

4. Wenn Du wirklich Populist*in werden willst, solltest Du wissen, dass dieses Abzielen auf menschliche Emotionen ebenfalls einen unerlässlichen Punkt auf der How-to-be-a-populist-Liste darstellt. Als Populist*in spielst Du besonders gern mit der Angst der Menschen: Psychologisch gesehen liegt es in der menschlichen Natur, sich eher vor dem Unbekannten, dem Neuen zu fürchten als vor dem, was schon bekannt ist, und genau das kannst Du Dir zunutze machen: Indem zum Beispiel Migrant*innen mit Naturkatastrophen verglichen werden (siehe Flüchtlingswelle, …), kannst Du ganz einfach Ängste schüren. Dadurch geht die Möglichkeit einer sachlich-differenzierten Auseinandersetzung mit einem Problem verloren. Das ist übrigens super für Dich, weil Dir nämlich Bürger*innen, die nicht nachdenken, auch nicht gefährlich werden können!

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Und jetzt Spaß beiseite: Warum Populismus meiner Meinung nach in der Politik nichts verloren haben sollte und für'n Popo ist? Weil Populismus die Realität verklärt, weil Populismus gezielt die Gesellschaft spaltet und Menschen gegeneinander aufhetzt, weil Populismus manipuliert und in politischen Fragen mehr auf Emotionen als auf objektive Tatsachen abzielt. Der Nährboden des Populismus ist die Angst des Volkes, und ich traue mich zu behaupten, dass hier auch die größte Gefahr des Populismus lauert: Entscheidungen, die aus Angst getroffen werden, können nie gut sein. Was es also zu tun gibt? Hirn einschalten, sich informieren, kritisch denken, Dinge hinterfragen, und nicht aus Angst Entscheidungen treffen. Verstehen, dass die einzige Möglichkeit, den zentralen Problemen und Fragen unserer Zeit gerecht zu werden, jene ist, gemeinsam anstatt gegeneinander vorzugehen. Es braucht Respekt und Wertschätzung füreinander; nicht nur denen gegenüber, die unsere eigene Meinung teilen, sondern besonders jenen gegenüber, die eine komplementäre Meinung vertreten. Es braucht ehrliches Interesse, es braucht die Bereitschaft zu lernen, es braucht Dialog und Offenheit. Darüber hinaus braucht es das politische Engagement jedes einzelnen, und was das bedeutet, wissen wir, glaube ich, alle: die eigene Stimme nutzen, wählen gehen. Das ist das Mindeste, was wir tun können.

 

Quellen / ausführliche Erklärungen zum Thema Populismus:

Mr. Wissen2Go erklärt Populismus

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