Gaming als Kompetenz im Job?

Kultur & Events
Johanna Daser / 21.10.2019
Gaming, Game Controller

„Erzählen Sie doch etwas über sich!“ - „Also…ich spiele gerne Computer!“ Und schon ist die Entscheidung gefallen, der Kandidatin wird gedankt und sie wird höflich aus dem Raum gebeten. Gaming als Referenz bei Bewerbungsprozessen? Das stößt im ersten Moment wohl eher auf Ablehnung, im besten Fall ist das Gegenüber perplex.

Zocken wird, sobald der Begriff fällt, unterbewusst gleichgestellt mit Gewalt und viereckigen Augen. Dabei birgt das vermeintliche „hinter dem Bildschirm hocken“ einige Soft-Skills, die nicht zu unterschätzen sind.

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Gaming Assessment

Dies ist auch der Ansatz von Thomas Kunze und Max Nemeth, zwei Spielemacher, die auch im Bereich Pädagogik zu tun haben. Sie haben im Zuge der POLLIWOG, englisch für „Kaulquappe“ – einer der drei Vorkonferenzen zur FROG (Future Reality of Gaming-Konferenz) ihr Pilotprojekt „GIRAT“ vorgestellt.

GIRAT, das steht für „Game Informed Recruitment and Assessment Tool“. Dabei handelt es sich um Evaluierungsbögen, die auf die Dokumentation bestimmter Kompetenzen und Soft Skills ausgelegt sind.

Genauer gesagt sollen die Fähigkeiten von Jugendlichen festgehalten werden, um Unternehmen die Entscheidung einer Anstellung leichter zu machen. Die Bögen selbst werden in zwei Phasen ausgefüllt. Vor einer Spielerunde und danach, es wird also gespielt und anschließend reflektiert.

Neben der Selbst-, gibt es in diesem Assessmentverfahren auch eine Fremdbeobachtung. Dafür soll jedoch ausgebildetes Personal herangezogen werden, das im Idealfall selbst Erfahrung in der virtuellen Spielewelt hat – so wird, laut Kunze und Nemeth, auch ein geschützter Rahmen hergestellt.

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Keep talking, don’t explode

Bei GIRAT wird zum Beispiel mit den Spielen „Keep talking and nobody explodes“ und „Spelunky“ gearbeitet. Ersteres stellt die BewerberInnen in einem Adventure-Setting vor eine strategische Herausforderung. Im Team wird versucht, durch das Lösen von Aufgaben in einem analogen Handbuch eine virtuelle Bombe zu entschärfen. Eine Person hat die Gefahrenquelle vor sich und beschreibt, was zu sehen ist, währen die anderen Anweisungen geben. Neben Stress und Anspannung tritt hier vor allem (beabsichtigt) Überforderung auf, es kommt auf Symbolsprache und effektive Kommunikation im Team an.

Bei „Spelunky“ handelt es sich um ein Jump N’Run-Game, der Spaß-Faktor steht im Vordergrund, die Grundstimmung entspannter. Trotzdem ist auch hier die Verständigung in der Gruppe gefragt. Die Teammitglieder erforschen dunkle Höhlen, bekämpfen Feinde und sammeln Goldmünzen. Ihnen steht allerding nur limitiertes Equipment zur Zurechtfindung zur Verfügung. Zudem ist das Ziel nur erreicht, wenn auch wirklich alle Spieler und Spielerinnen dort ankommen. Bei beiden Spielen steht also die Zusammenarbeit im Vordergrund, die auf den Evaluierungsbögen in soziale und kommunikative Kompetenz übersetzt wird.  

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Softskills wie diese sind wichtige Fähigkeiten, das Potential von Gaming um diese zu erwerben wird jedoch meist übersehen. Die Evaluierungsbögen geben nicht nur den BewerberInnen durch die Vorher-Nachher-Selbsteinschätzung die Möglichkeit, sich ihrer Stärken (und auch Schwächen) bewusster zu werden. UnternehmerInnen, die zum Beispiel Lehrlinge einstellen wollen, haben auch ein potentielles Tool in der Hand, um Jugendliche in einem ihnen bekannten Setting (sofern diese gaming-affin sind) objektiv zu beurteilen.

 

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