Euro 2020: Was war denn da los?

Kultur & Events
Nico Lang / 16.07.2021
Verbogenes Fussballtor

Ach, wie sehr haben wir uns doch auf diese Fußball-EM gefreut. Endlich mal wieder Abende damit verbringen, gemeinsam vor dem Fernseher zu sitzen, mitzufiebern, zu jubeln und den Spielern auf dem Bildschirm zuzuschreien, was sie denn nicht alles falsch machen. Endlich wieder einmal ein bisschen Auszeit von dem ganzen Trubel des letzten Jahres. Endlich wieder einmal ein bisschen Normalität. Doch schnell wurden wir alle wieder in die Realität zurückgeholt. Dass diese Euro „2020“ hieß, obwohl wir eigentlich 2021 haben, ist noch das geringste „Problem“.

Die zwei Gesichter Englands

England ist das Land, das bei dieser EM wohl am schlechtesten wegkam. Und das, obwohl sie sich Vize-Europameister nennen dürfen. Die Fans der englischen Mannschaft haben sich ihre „britische Höflichkeit“, die ihnen gerne nachgesagt wird, großteils nicht anmerken lassen. Als Deutschland gegen England im Achtelfinale verloren hat, wurde ein weinendes Mädchen auf den Monitoren des Wembley-Stadions gezeigt. Die Reaktionen: Übelste Beleidigungen im Netz. Gegen ein Kind. Wegen eines Fußballspiel. Bei dem vor allem die „starken“ Männer am emotionalsten werden und bei einer Niederlage ihrer Mannschaft ihr rationales Denkvermögen scheinbar runterfahren.

Der Waliser Joel Hughes hat daraufhin eine Spendenaktion gestartet, bei der über € 42.300 zusammengekommen sind. Die Familie des Mädchens spendet die Summe nun an die UNICEF. Diese Geschichte hat so zumindest ein schönes Ende gefunden.

Beim angesprochenen Finale wurden wir (erneut) Zeuge, dass Black Lives Matter noch lange nicht vorbei ist. England hat gegen Italien verloren. Im Elfmeterschießen. Weil die drei englischen Fußballer, die beim Elfmeterschießen das Tor nicht getroffen haben, zufällig schwarz waren, gab es eine Welle von rassistischen Beleidigungen im Netz und auf Twitter landeten diese sogar in den Trends. Das Ganze eskalierte so weit, dass Menschen der People of Color Community in England sogar angegriffen wurden. Ich wiederhole mich auch hier: Wegen eines Fußballspiels…

 

Brot & Spiele

Großveranstaltungen wie die EM werden oftmals auch dazu genutzt, um von den Problemen der Welt abzulenken. In der Hoffnung, die Aufmerksamkeit liege mehr bei den Events und weniger bei den Fehlern der Politik und um das Volk zu unterhalten. Das haben die Römer damals schon verstanden und gilt bis heute.

Blöd ist nur, wenn die EM selbst sehr viele Probleme aufzeigt. Wir hatten schon Cybermobbing und Rassismus. Hinzu kommt Ungarn und die Regenbogen-Debatte. Wegen des neuen Homosexuellen-Gesetzes in Ungarn wollten viele in Deutschland bei dem Spiel gegen Ungarn das Stadion in den Regenbogenfarben erstrahlen lassen. Um ein Zeichen zu setzen. Um Toleranz zu zeigen.

Die UEFA (Union of European Football Associations) hat dies verboten, weil Fußball nicht politisch sein darf. Ein Sport, wo vor jedem Spiel die Nationalhymnen gesungen werden. Ein Sport, wo sich regelmäßig Politiker:innen blicken lassen. Nicht weil alle in der Politik begeisterte Fußballfans sind. Sondern, weil sie dadurch gesehen werden, in Erinnerung gerufen werden, als „Teil des Volkes“ gesehen werden. Kostenlose Screentime und Zeitungsartikel, wer denn jetzt dort war, inklusive. Auch ein Cäsar saß im Kolosseum. Obwohl es dem vermutlich auch gefallen hat, dort zu sein.

Dass ein Manuel Neuer trotzdem eine Regenbogenbinde getragen hat, ist aber vielen anscheinend immer noch zu viel gewesen. Deswegen musste sich ein „Internet-Star“ ganz schnell als „stolzer Hetero outen“. Was ein völliger Schwachsinn ist.

Und vieles mehr…

Ja, die EM hatte noch viel mehr zu bieten: Einen Herzinfarkt des dänischen Spielers Christian Eriksen, dem es zum Glück wieder gut geht. Einen Greenpeace-Aktivisten, der mit dem Fallschirm in der Münchner Arena landet und einige Menschen verletzt. Ein Christiano Ronaldo, der bei einer Pressekonferenz zwei Cola-Flaschen wegstellt, woraufhin der Aktienkurs von Cola sinkt.

Und einen Fußballfan, der in einem Live-Interview mit dem Nachrichtensender „Oe24“ fragt, ob man vom Chef des Senders, Wolfgang Fellner, wirklich belästigt wird. Gegen Fellner gibt es aktuell mehrere Vorwürfe der sexuellen Belästigung. Dieses Interview ist ein kleines Highlight der EM.

 

Und nach der EM heißt vor der WM, die bereits nächstes Jahr über den Rasen geht. Aber selbst diese steht bereits jetzt in keinem guten Licht.

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Jugendportal.at wurde zuletzt am 23.04.2024 bearbeitet.

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